Bernd Leukert SAP

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Sommerinterview: Bernd Leukert, SAP

Bernd Leukert ist SAP-Vorstand mit globaler Verantwortung für die Entwicklung und Auslieferung der Produkte des SAP-Portfolios. Zudem leitet er strategische Innovationsinitiativen, erschließt gemeinsam mit der Entwicklungs- und der Vertriebsorganisation neue Wachstumsmöglichkeiten und ist außerdem für User Experience und Design der Benutzeroberflächen von SAP-Software verantwortlich. Neben seiner Tätigkeit für SAP ist Leukert Mitglied der Aufsichtsräte des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI), der Bertelsmann SE & Co. KGaA und der TomTom N.V., Mitglied des Market Strategy Board der Internationalen Elektrotechnischen Kommission und Leiter des Lenkungskreises der Plattform Industrie 4.0 der deutschen Bundesregierung. Leukert hat an der Universität Karlsruhe Wirtschaftsingenieurwesen studiert.

Herr Leukert, warum haben Sie Wirtschaftsingenieurwesen studiert?
Mich hat die Verknüpfung von technischen und wirtschaftswissenschaftlichen Fragestellungen gereizt. Manchmal wurde ich für meine Studienwahl belächelt – von wegen ein Wirtschaftsingenieur könne ja nichts richtig, weder Wirtschaft noch Technik. Spätestens aber mit der Digitalisierung und der vernetzten Produktion entstehen ganz neue Geschäftsmodelle. Und es ist der Wirtschaftsingenieur, der technisches Wissen und kaufmännische Kenntnis vereint, um aus technischen Veränderungen neue Dienstleistungen und Angebote zu entwickeln.

Welche Skills, die Sie im Studium erlernt haben, waren für Ihren Werdegang besonders wichtig?
Viele Fragestellungen in Unternehmen spielen sich genau an der Schnittstelle zwischen Technik und Wirtschaft ab. Dabei unterscheidet sich das Denken in den technischen Fachgebieten von dem Denken in der Betriebswirtschaft stark – der ständige Perspektivenwechsel, den man während des Studiums einnehmen musste, hilft mir heute noch, einen konkreten Sachverhalt zu analysieren, ohne den Überblick über das große Ganze zu verlieren.

Was bedeutet für Sie als Wirtschaftsingenieur der Faktor Interdisziplinarität?
Ich bin überzeugt, dass Unternehmen nur dann erfolgreich sein können, wenn unterschiedliche Denk- und Sichtweisen zusammenkommen. So entsteht eine hohe Innovationskraft – und letztlich vielleicht der entscheidende Wettbewerbsvorteil. Bei der SAP setzen wir seit 2004 erfolgreich Design Thinking ein: eine Vorgehensweise, mit der man Bedürfnisse von Menschen oder Unternehmen verstehen und für diese Bedürfnisse innovative Lösungen entwickeln kann. In einem iterativen Prozess kommen unterschiedliche Disziplinen zusammen und entwickeln gemeinsam Lösungen für konkrete Geschäftsszenarien.

Sind aus Ihrer Sicht Absolventen und Professionals mit einem weiten Horizont momentan besonders gefragt?
Natürlich ist es hilfreich, einen weiten Horizont zu haben. Das gilt sowohl für Absolventen als auch für Professionals. Die Breite des Wissens bietet das passende Fundament, um für sich selbst zu entscheiden, welcher Bereich für die eigenen Ziele und Ambitionen der richtige ist. Dadurch hat man einen guten Überblick und Einblick über sowie in viele Themen, was für eine spätere Spezialisierung entsprechend hilfreich ist. Es ist dann ratsam, sich entsprechend dem Feld, in dem man arbeiten möchte, ab einem gewissen Punkt in eine Richtung zu spezialisieren. Das erhöht nochmal die Chancen, eine Position in dem Bereich zu finden, in dem man auch tätig sein möchte.

Was raten Sie Wirtschaftsingenieuren, die in Ihrer Branche Fuß fassen wollen?
Für Wirtschaftsingenieure, wie übrigens auch für alle anderen Fachrichtungen gilt: Folgen Sie Ihrer Leidenschaft. Es ist wichtig, wenn man in unserer Branche arbeiten möchte, sich auch mit den Themen und Fertigkeiten auseinanderzusetzen, die im Markt aktuell gefragt sind. Dann eine Position zu finden, bei der die eigenen Fähigkeiten einen Mehrwert für das jeweilige Unternehmen bieten und auch die Anforderungen der jeweiligen Stelle erfüllt werden, wäre ideal. Gleichzeitig wäre es vorteilhaft, beispielsweise über Praktika, Unternehmen kennenzulernen und festzustellen, welcher Arbeitgeber für einen das passende Umfeld bietet, um sich darüber hinaus weiterzuentwickeln. Nutzen Sie die Chance, ein bis zwei Fächer aus dem Bereich Informatik zu besetzen. Durch die Digitalisierung ist ein Basiswissen in Informatik sowohl in der IT-, aber auch in allen anderen Branchen von großem Vorteil.

Stichwort Digitalisierung: Wo sehen Sie für Ihre Branche sowie für Ihren konkreten Arbeitsbereich die Potenziale, aber auch die Herausforderungen?
Die Digitalisierung verändert grundlegend die Art und Weise, wie wir produzieren, konsumieren, arbeiten und leben. Wir sehen viele Beispiele, in denen Unternehmen, unabhängig von ihrer Branche, konkret an der Digitalisierung ihrer Wertschöpfungsketten arbeiten, bisherige Produktivitätsgrenzen steigern und neue Geschäftsmodelle implementieren. Oft haben aber gerade kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) die Digitalisierung zwar als Thema erkannt, es fehlt aber ein klarer Plan, es auf die eigene Situation zu übertragen. Dabei bieten horizontal integrierte Wertschöpfungsketten über Unternehmensgrenzen hinweg auch für KMU die Chance, am digitalen Wandel teilzuhaben. Ziel der Plattform Industrie 4.0, deren Lenkungsausschuss ich momentan vorsitze, ist es, Digitalisierung in der Breite und vor allem in der Praxis umzusetzen, Nutzen daraus zu ziehen, Netzwerke aufzubauen und weiter zu lernen. Großen Handlungsbedarf sehen wir hier vor allem in der Unternehmensorganisation und der Neugestaltung der Arbeit sowie in nötigen Regelungen und Standards für die Digitalisierung, sei es rechtlich, in den Interoperabilitätsstandards, bei der Sicherheit der Systeme oder beim Thema Arbeit.

 

In den Sommerinterviews befragt der VWI in loser Folge Wirtschaftsingenieure und Wirtschaftsingenieurinnen, die wichtige Positionen in Industrie und Lehre innehaben, zu ihrem Blick auf das Berufsbild.

Kurswechsel des Chefs

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Wann ändern neue Chefs den Kurs?

Wenn sie ihren Vorgängern gleichen – so eine Studie der TU München, die mit dieser Aussage der gängigen Lehrmeinung widerspricht. Bislang war die Wirtschaftswissenschaft davon ausgegangen, dass Managerinnen und Manager ähnlich handeln, wenn ihr beruflicher und demografischer Hintergrund ähnlich ist. Der Studie der TU München zufolge ändern jedoch Chefs umso eher Kurs und Strategie des Unternehmens, je ähnlicher neu berufene Vorstandsvorsitzende ihren Vorgängerinnen oder Vorgängern sind. Als Grund nennen die Wissenschaftler das Abgrenzungsbedürfnis der neuen Vorsitzenden. Der Effekt sei besonders stark ausgeprägt, wenn die vorherigen Chefs in den Aufsichtsrat gewechselt seien. Wenn diese dagegen aus dem Amt gedrängt worden seien, falle der Kurswechsel weniger stark aus.

Prof. Dr. Thomas Hutzschenreuter vom Lehrstuhl für Strategic and International Management hat für die Studie gemeinsam Kollegen rund 180 Wechsel des Vorstandsvorsitzes von rund 80 deutschen Unternehmen aus DAX, MDAX oder TecDAX im Zeitraum von 1985 bis 2007 analysiert. Um festzustellen, wie ähnlich sich Vorgänger und Nachfolger sind, betrachteten die Wissenschaftler die Funktionen und Branchen ihrer bisherigen Tätigkeiten sowie Nationalität und Alter. Als Indikator für das Ausmaß eines Strategiewechsels untersuchten die Studienautoren, ob die Vorstandschefs innerhalb von zwei Jahren nach Amtsantritt Geschäftseinheiten verkauften, die von ihren Vorgängerinnen und Vorgängern geschaffen worden waren.

Chefs wollen sich mit eigenem Handeln unterscheidbar machen

„Vorstände werden unausweichlich mit denjenigen verglichen, die vorher an der Spitze standen“, sagt Hutzschenreuter. „Da niemand in dieser Position als austauschbar gelten will, entsteht das Bedürfnis, sich mit eigenem Handeln unterscheidbar zu machen. Dieser Drang ist größer, wenn es kaum biografische Merkmale gibt, mit denen man sich abgrenzen kann.“ Wie das Forscherteam weiter mitteilt, wurde der psychologische Effekt, den die Studie zeigt, bislang bei der Erforschung der Führungswechsel nicht beachtet. Die Erkenntnisse könnten jedoch künftig eine wichtige Entscheidungsgrundlage für die Nachfolgeregelung in börsennotierten Unternehmen sein.

Aus Hutzschenreuters Sicht könnten weitere Studien untersuchen, ob die Verhaltensweisen auch in anderen Ländern und in anderen Unternehmensformen auftreten. In Familienunternehmen beispielsweise könne die Motivation besonders groß sein, mit einem neuen Kurs aus den Fußstapfen von Mutter oder Vater zu treten.

Cybersicherheit

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Menschen für Cyber-Sicherheit entscheidend

Der Mensch ist beim Thema Cyber-Sicherheit der Schlüsselfaktor. Das zeigt eine Befragung des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Demnach würde jeder sechste Mitarbeiter auf eine gefälschte E-Mail der Chefetage antworten und sensible Unternehmensinformationen preisgeben – dabei seien beispielsweise Informationen über Zuständigkeiten im Unternehmen, zur Zusammensetzung von Abteilungen, internen Prozessen oder Organisationsstrukturen für Cyber-Kriminelle wertvolle Grundlage zur Vorbereitung von gezielten Angriffen auf das Unternehmen.

Viele Beschäftigte bei Cyber-Sicherheit passiv

58 Prozent der vom BSI befragten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hören sich selbst aktiv zum Thema Cyber-Sicherheit am Arbeitsplatz um, so ein weiteres Ergebnis der Befragung. Die übrigen werden demnach nicht selbst aktiv: Rund 18 Prozent der Befragten verlassen sich laut BSI darauf, dass der Arbeitgeber das Firmennetzwerk ausreichend absichert und dass sie selbst keine zusätzlichen Maßnahmen ergreifen müssen. Weitere 13 Prozent gehen davon aus, dass das Unternehmen sie darauf hinweist, wenn Sicherheitsmaßnahmen ergriffen werden sollten. Und zehn Prozent informieren sich gar nicht und erhalten auch keine Informationen seitens des Arbeitgebers.

Manipulationen über Social Engineering

Das BSI macht darauf aufmerksam, dass Kriminelle häufig über das sogenannte Social Engineering an wichtige Informationen gelangen. Dabei würden menschliche Eigenschaften wie Hilfsbereitschaft und Vertrauen ausgenutzt, um Beschäftigte geschickt zu manipulieren. Ein Angreifer verleite das Opfer beispielsweise dazu, vertrauliche Informationen preiszugeben, Sicherheitsfunktionen auszuhebeln, Überweisungen zu tätigen oder Schadsoftware auf dem privaten Gerät oder einem Computer im Firmennetzwerk zu installieren. Aus Sicht des BSI sollte die Sensibilisierung der Angestellten für diese Art der Betrugsversuche daher eine wichtige Rolle spielen und fest zum Weiterbildungskonzept eines Unternehmens gehören.

Andreas Renschler Volkswagen

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Sommerinterview: Andreas Renschler, Volkswagen

Andreas Renschler ist Vorstand der Volkswagen AG und CEO von Volkswagen Truck & Bus. Außerdem ist er Vorsitzender des beim Bundesverband der Deutschen Industrie angesiedelten Lateinamerika-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft (LADW). Renschler hat in Esslingen am Neckar Wirtschaftsingenieurwesen studiert und anschließend an der Universität Tübingen noch einen weiteren Abschluss als Diplom-Kaufmann gemacht.

Herr Renschler, warum haben Sie Wirtschaftsingenieurwesen studiert?
Mich hat die Verbindung von Technik und Wirtschaft fasziniert. Ich bin mit Traktoren und anderen Nutzfahrzeugen aufgewachsen. Gleichzeitig war das Leben auf dem elterlichen Hof auch stark von finanziellen Fragestellungen geprägt: Wie entwickeln sich die Agrarpreise, Futtermittelkosten, Treibstoffpreise und Zinsen. Da war immer auch kaufmännisches Verständnis gefragt. Vermutlich hat mich das alles so sehr geprägt, dass ich mich nach einer Banklehre für das Wirtschaftsingenieursstudium in Esslingen entschieden habe.

Welche Skills, die Sie im Studium erlernt haben, waren für Ihren Werdegang besonders wichtig?
Da ist eine Fähigkeit hervorzuheben, von der ich heute jeden Tag profitiere: die Fähigkeit, Vorgänge und Dinge im Ganzen zu betrachten. Denn es geht im Leben nicht darum, allein die beste technische Lösung zu finden, sondern auch eine kosteneffiziente Fertigung sicherzustellen und das Produkt erfolgreich zu vermarkten. Das Wirtschaftsingenieursstudium hilft sehr, den Überblick zu bekommen und die interdisziplinären Aspekte zu begreifen. Wir sind ja nicht im Elfenbeinturm zuhause. Lastwagen und Busse müssen robust, zuverlässig und zugleich sparsam sein – sonst haben sie am Markt keine Chance. Zudem müssen wir unseren Kunden Services anbieten, mit denen sie ihr Geschäft optimieren können. Es kommt darauf an, dass der Kunde mit unseren Fahrzeugen und Services Geld verdient.

Was bedeutet für Sie als Wirtschaftsingenieur der Faktor Interdisziplinarität?
Interdisziplinarität zeichnet das Wirtschaftsingenieurstudium aus – und ist heute wichtiger denn je. Trends wie Digitalisierung oder Konnektivität haben einen massiven Einfluss auf uns alle. Vernetzung ist das Stichwort, auch im Denken. Die Zeiten, in denen man in aller Ruhe etwas entwickelt hat, sind vorbei. Praktisch jeder Aspekt der Fahrzeugentwicklung hängt zudem mit Software und Elektronik zusammen, was eine völlig andere Qualität der Kooperation über Bereichsgrenzen hinweg erfordert. Der moderne Lastwagen mag vertraut aussehen, aber seine Fähigkeiten wachsen ständig. Er wird zum vernetzten Akteur des Ökosystems Transport und Logistik. Die damit verbundene Komplexität bei der Entwicklung zu überblicken und zu steuern, verlangt die Fähigkeit interdisziplinär zu denken und zu arbeiten.

Sind aus Ihrer Sicht Absolventen und Professionals mit einem weiten Horizont momentan besonders gefragt?
Das trifft mit Sicherheit zu. Vor dem eben beschriebenen Hintergrund wächst der Bedarf an Mitarbeitern, die einen weiten Horizont mitbringen, fachlich wie kulturell. Es reicht schon lange nicht mehr, allein in einer bestimmten Disziplin zu punkten. Wenn Sie international tätig sind, benötigen sie zum Beispiel interkulturelle Skills, die das fachliche Profil ergänzen.

Was raten Sie Wirtschaftsingenieuren, die in Ihrer Branche Fuß fassen wollen?
Zwei Ratschläge die eigentlich für jede Branche gelten: Erstens, überlegen Sie frühzeitig, welchen Nutzen sie ihrem künftigen Arbeitgeber bieten wollen. Das hilft, sich zu fokussieren und relevantes Wissen zu erwerben. Zweitens, seien Sie offen gegenüber anderen Disziplinen. Niemand hat von vorneherein ein perfektes Profil. Ich habe den Austausch mit Kollegen aus anderen Fachbereichen immer geschätzt und viel dabei gelernt. Verständnis für andere Disziplinen und Kulturen hilft im Berufsleben ungemein. Oft sind es die kleinen Dinge, an denen ein Projekt leidet. Mit der Fähigkeit, sich in den Anderen zu versetzen, findet sich meist eine Lösung. Es geht nicht um den eigenen Standpunkt, sondern um den Erfolg des Projekts. Das muss einen Wirtschaftsingenieur antreiben: Wie bringen wir die beste Lösung für den Kunden erfolgreich auf den Markt? Einen Tipp habe ich noch für Frauen: Sie sollten sich auch in „männerlastigen“ Fächern engagieren. Es gibt nämlich viel zu wenige Frauen in der Nutzfahrzeugindustrie. Die Wirtschaft braucht aber Vielfalt.

Stichwort Digitalisierung: Wo sehen Sie für Ihre Branche sowie für Ihren konkreten Arbeitsbereich die Potenziale, aber auch die Herausforderungen?
Die Nutzfahrzeugindustrie hat hervorragende Perspektiven. Der weltweite Güterverkehr wächst ungebremst, der Bedarf an nachhaltigen Logistiklösungen ist größer denn je. Digitalisierung ist der Schlüssel zur Beherrschung des zunehmenden Transportvolumens. Und sie vernetzt die gesamte Logistik. Das erlaubt z. B. die bessere Auslastung von Lastwagen mit Hilfe digitaler Frachtbörsen. Wir erreichen damit eine deutlich höhere Systemeffizienz. Die Herausforderung ist, diese Chancen in Produkte zu überführen und Lösungen anzubieten, mit denen der Kunde Geld verdient. Dafür brauchen wir gute Wirtschaftsingenieure und -ingenieurinnen.

 

In den Sommerinterviews befragt der VWI in loser Folge Wirtschaftsingenieure und Wirtschaftsingenieurinnen, die wichtige Positionen in Industrie und Lehre innehaben, zu ihrem Blick auf das Berufsbild.

Kollege Roboter

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Mit Kollege Roboter menschengerecht arbeiten

Um die Arbeitswelten der Zukunft geht es beim Wissenschaftsjahr 2018 – und die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin untersucht dabei, wie die Zusammenarbeit mit Kollege Roboter optimal und menschengerecht gestaltet werden kann. In Form einer Webdokumentation vermittelt die BAuA mit Texten, Bildern und Videosequenzen Chancen und Risiken der Technologie und bringt den Beitrag der Wissenschaft knapp und präzise auf den Punkt.

Wie muss die Zusammenarbeit zwischen Mensch und Roboter gestaltet werden, damit die Beschäftigten nicht nur sicher und frei von gesundheitlichen Beeinträchtigungen arbeiten, sondern auch ihre Qualifikationen und Fertigkeiten einbringen können? Diese Frage steht im Mittelpunkt der Webdokumentation. Was ist bei der Zusammenarbeit mit Robotern wichtig, damit Beschäftigte sich wohlfühlen? Bergen neue, innovative Materialien auch neue Gefahren und was ist beim Umgang mit ihnen zu beachten? Welche physischen Belastungen treten auch in modernen Arbeitsprozessen auf und wie lassen sie sich optimal gestalten? Und schließlich: Welche Auswirkungen hat die moderne Arbeitswelt auf die psychische Gesundheit von Beschäftigten und was kann man tun, um diese zu erhalten und zu fördern?

Kollege Roboter virtuell besuchen

Der virtuelle Besuch bei Kollege Roboter dauert rund 15 Minuten: Neben einem Eindruck von Chancen und Risiken vermitteln die Wissenschaftler Einblicke in ihre arbeitswissenschaftliche Forschung und zeigen Beispiele aus der betrieblichen Praxis.

Auch wenn heute noch niemand sagen kann, wie die Arbeitswelten der Zukunft genau aussehen werden, ist aus Sicht der BAuA jedoch eines klar: Der Mensch muss dabei im Mittelpunkt stehen – und die Arbeit muss mit Blick auf seine Voraussetzungen, Möglichkeiten und Bedürfnisse, also menschengerecht, gestaltet sein: schädigungsfrei, ausführbar, beeinträchtigungsfrei sowie gesundheits- und persönlichkeitsförderlich.

BAuA-Kriterien

OTH bei Siemens Healthineers

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WiIng-Studierende forschten bei Siemens Healthineers

20 Studierende des Studiengangs Wirtschaftsingenieurwesens der Ostbayerischen Technischen Hochschule (OTH) Amberg-Weiden waren jetzt bei und für Siemens Healthineers in Kemnath aktiv. Unter dem Motto „Eure Probleme möchte ich haben. Gerne sogar! Um gute Lösungen dafür zu finden“ entwickelten sie einer Mitteilung der OTH zufolge Antworten auf aktuelle Herausforderungen in der Produktion – durchdachte Vorschläge mit hoher Relevanz für die Praxis. Siemens Healthineers Kemnath ist ein Innovativer LernOrt (ILO) der OTH Amberg-Weiden. Parallel zu den Vorlesungen im Wahlfach Industrial Engineering arbeiteten Studierende dort an Projekten, um die Produktion effizienter und wirtschaftlicher zu gestalten, und stellten ihre Lösungen bei einer Abschlusspräsentation den Fach- und Führungskräften von Siemens Healthineers vor.

Siemens Healthineers als Innovativer LernOrt

In vier Teams beschäftigen sich die WiIng-Studierenden mit Arbeitsplatzgestaltung, Materialversorgung, Qualitätssicherung und Rüstoptimierung. Laut OTH nahm die erste Gruppe einen Nietarbeitsplatz unter die Lupe und zeigte, wie dieser noch effizienter und ergonomischer gestaltet werden kann. Das zweite Team beschäftige sich mit der Materialversorgung durch fahrerlose Transportsysteme – also Robotern auf Rädern, die Bauteile selbstständig zum Montage-Ort befördern. Diese Roboter, so das Ergebnis, sparen gegenüber dem manuellen Transport Zeit und Geld, arbeiten allerdings noch nicht immer komplett reibungslos. Warum der Teufel im Detail steckt und wie man ihn da herausbekommt, zeigte die dritte Gruppe: Sie prüfte Abläufe und Bauteile in der Tiefenblenden-Montage und entwickelte auf dieser Grundlage Vorschläge zur präventiven Sicherung der Qualität und Steigerung der Wirtschaftlichkeit. Das vierte Team befasste sich mit den Zeitverlusten, die entstehen, wenn Produktionsanlagen von einem Produkttyp auf den anderen umgerüstet werden. Die Studierenden legten dar, wie dank Rüstzeitoptimierung die Produktion noch flexibler, zuverlässiger und damit effizienter gemacht werden kann.

Wie die OTH weiter mitteilt, kommen in nahezu allen Systemen von Siemens Healthineers die in Kemnath gefertigten Produkte zum Einsatz, darunter Komponenten für Computertomografie, Angiografie und Radiografie, Teile für Systeme zur In-vitro-Diagnostik oder Komponenten für High-End-Systeme im Katheterlabor. Das Werk gilt als Kompetenzzentrum für Mechatronik – und ist damit aus Sicht der OTH ein idealer Ort für Studierende des Wirtschaftsingenieurwesens, um praxisnah zu arbeiten und zu forschen.

Gisela Lanza Forschungsbeirat

Beitragsbild: KIT/Markus Breig

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Sommerinterview: Gisela Lanza, KIT

Prof. Dr.-Ing. Gisela Lanza ist Inhaberin des Lehrstuhls für Produktionssysteme und Qualitätsmanagement des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und Institutsleiterin am Institut für Produktionstechnik (wbk). Seit 2003 leitet sie den Bereich Produktionssysteme am wbk und ist zudem seit 2009 Direktorin des Global Advanced Manufacturing Institute (GAMI) im chinesischen Suzhou. Sie hat Wirtschaftsingenieurwesen an der Universität Karlsruhe (TH) studiert und dort auch promoviert.

Frau Professorin Lanza, warum haben Sie Wirtschaftsingenieurwesen studiert?
Technik hat mich schon sehr früh begleitet. Bei uns Zuhause spielte sie immer eine Rolle und ich habe ein technisches Gymnasium besucht. Den entscheidenden Anstoß gab dann ein Buch über Berufe vom Arbeitsamt: Da waren auch die Gehaltstabellen für jeden Beruf dabei, und der Wirtschaftsingenieur hat 10.000 DM mehr verdient als der Bauingenieur. Da dachte ich: „Oha, warum verdienen die so viel mehr?“ Und weil ich auch großes Interesse an Wirtschaft und Betriebswirtschaftslehre hatte, ist mir die Entscheidung leicht gefallen.

Was zeichnet Ihrer Ansicht nach Wirtschaftsingenieure/Wirtschaftsingenieurinnen besonders aus?
Sie trauen sich, überall mitzureden – das lernt man sehr schnell. Auch wenn es Spezialisten gibt, die in einzelnen Bereichen tiefergehende Kenntnisse haben, Wirtschaftsingenieure verbinden dafür Themen und Leute und schlagen so Brücken. Das Studium in Karlsruhe ist dazu sehr methodisch fundiert: Die Studierenden lernen Probleme zu zerlegen und quantitativ mit mathematischen Methoden anzugehen. Diese Herangehensweise können sie auf vielfältige Herausforderungen übertragen.

Stichwort Interdisziplinarität: Sind aus Ihrer Sicht Absolventen und Professionals mit einem weiten Horizont momentan besonders gefragt?
Ja natürlich. Die Welt wird immer vernetzter und damit das Einzelsystem komplizierter. Kenntnisse in unterschiedlichen Disziplinen können dabei helfen, die Komplexität zu reduzieren. Der Vorteil, Problem- oder Fragestellungen aus verschiedenen Perspektiven betrachten zu können führt dazu, dass man neue Denkweisen und Ideen entwickeln kann.

Von welcher technischen und/oder gesellschaftlichen Entwicklung erwarten Sie ein die Zukunft besonders prägendes disruptives Potenzial?
Von der Digitalisierung: Sie wirkt in alle Bereiche, ob beruflich oder privat. Hier steht die Gesellschaft vor einer Umwälzung, die mit vielen neuen Techniken und Geräten verbunden ist. Für die Industrie bieten sich viele neue Möglichkeiten, man denke nur an Industrie 4.0. Durch eine digitale Vernetzung kann sich die Produktion stärker selbst organisieren und Unternehmen können kostengünstig kundenindividuelle Wünsche umsetzen.

Wie muss sich aus Ihrer Sicht die Ausbildung wandeln, um den Herausforderungen der Zukunft gerecht zu werden?
In Zukunft wird es immer wichtiger sein, mit Informations- und Kommunikationstechnologien umzugehen. Die Ausbildung von Wirtschaftsingenieuren sollte daher vor allem die IT-Kompetenz fördern. Neben den theoretischen Grundlagen muss auch vor allem eine umfassende Systemkompetenz aufgebaut werden. So können Studierende lernen, auch mit komplexen, dynamischen Systemen umzugehen und handlungsorientierte Ansätze zu entwickeln.

 

In den Sommerinterviews befragt der VWI in loser Folge Wirtschaftsingenieure und Wirtschaftsingenieurinnen, die wichtige Positionen in Industrie und Lehre innehaben, zu ihrem Blick auf das Berufsbild.

ethische Standards

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Allein gelassen mit ethischen Standards?

6000 Beschäftigte in acht europäischen Ländern hat das Londoner Institute of Business Ethics (IBE) in Zusammenarbeit mit dem Leadership Excellence Institute Zeppelin (LEIZ) der Zeppelin Universität (ZU) in Friedrichshafen und weiteren internationalen Partnern zum Thema „Ethics at Work 2018“ befragt. Ergebnis: Mitarbeiter fühlen sich oft überfordert, wenn sie sich in ihren Unternehmen mit ethischen Standards auseinandersetzen müssen. Das macht die Umsetzung solcher Standards aus Sicht der Autoren zunehmend zu einer Herausforderung der strategischen Unternehmensführung – und rückt die Rolle von Führungskräften für die ethische Unternehmenskultur sowie entsprechender Programme in den Fokus.

Ethischen Standards ein günstiges Umfeld schaffen

„Die Menschen folgen ihren Vorgesetzten“, sagt IBE-Direktorin Philippa Foster Back. Managern komme daher eine Schlüsselrolle dabei zu, die ethische Kultur eines Unternehmens zu definieren. Organisationen müssten sicherstellen, dass Führungskräfte speziell im Hinblick auf ethische Entscheidungen weitergebildet und unterstützt würden, gerade weil der Druck auf alle Mitarbeiter aktuell zunehme. Diejenigen Unternehmen, die ein solches förderliches Umfeld bereits bieten, weisen laut der Studie bessere Ergebnisse auf, wenn es beispielsweise um die Einschätzung über die vorherrschende Ehrlichkeit geht oder die Bereitschaft, ethisches Fehlverhalten zu melden. Ein wichtiger Aspekt, denn ethisches Fehlverhalten – so ein weiteres Ergebnis der Studie – ist immer noch verbreitet. Zugleich hat aber auch die Bereitschaft und Wahrscheinlichkeit zugenommen, dass Mitarbeiter ein solches Fehlverhalten melden.

LEIZ-Direktor Prof. Dr. Josef Wieland zufolge ist die Studie sehr innovativ. Es handelt sich demnach um die einzige Studie weltweit, die erforscht, wie sich Ethik und Rechtschaffenheit auf der Ebene der Mitarbeiter darstellen. Wieland: „Das Leadership-Thema ist dabei zentral. Die Relation zwischen der Führung und den Geführten wird in den Blick genommen und um eine neue Perspektive ergänzt, indem gefragt wird: Was denken und erleben die Geführten?“ Zudem biete die Studie einen Vergleich der europäischen Länder im Hinblick auf Werte und Unternehmenskultur, auch das habe es in dieser Form noch nicht gegeben.

Personaler prüfen Online-Profile

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Personaler checken Bewerber online

Immer mehr Personaler recherchieren Social-Media-Profile der Bewerber. Das zeigt eine aktuelle repräsentative Umfrage des Digitalverbands Bitkom unter Personalverantwortlichen in Unternehmen ab 50 Mitarbeitern. Im Fokus stehen demnach vor allem beruflich ausgerichtete Plattformen wie Xing oder LinkedIn (53 Prozent). Personaler haben aber auch eher privat ausgerichtete soziale Netzwerke wie Facebook, Twitter oder Instagram auf dem Schirm (30 Prozent).

Aus Sicht von Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder gehen damit die Zeiten zu Ende, in denen Social-Media-Auftritte eine klassische Bewerbung lediglich ergänzen. Denn 2013 informierten sich erst 23 Prozent der Personaler in sozialen Netzwerken über Bewerber, 2015 waren es bereits 46 Prozent – und jetzt 63 Prozent. „Wer sich in sozialen Netzwerken gut präsentieren kann, hat definitiv Vorteile bei der Jobsuche“, so Rohleder. Die Social-Media-Selbstdarstellung könne aber durchaus auch zur Karrierebremse werden. Immerhin hätten 24 Prozent der Personaler, die sich Profile von Bewerbern in sozialen Netzwerken anschauen, bereits Bewerber wegen einzelner Einträge nicht eingestellt beziehungsweise nicht in die engere Auswahl genommen.

Personaler überprüfen vor allem das berufliche Profil

Grundsätzlich dürfen Arbeitgeber laut Bitkom allgemein zugängliche Daten einholen, sofern dem keine Persönlichkeitsrechte der Betroffenen entgegenstehen. Das gelte etwa für über Suchmaschinen frei verfügbare Inhalte und für Informationen, die in sozialen Netzwerken ohne Anmeldung frei abrufbar sind. Der Bitkom-Umfrage zufolge interessieren sich Personaler bei ihren Online-Recherchen mehr für berufliche Themen als für Privates. 81 Prozent achten demnach besonders auf fachliche Qualifikationen, 67 Prozent auf Äußerungen zu Fachthemen und 53 Prozent auf Äußerungen zum Unternehmen oder Wettbewerbern. Jedoch haben 34 Prozent ein besonderes Augenmerk auf Hobbys oder private Aktivitäten und 16 Prozent auf politische Ansichten.

Marcus Kuhnert Merck AG

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Sommerinterview: Marcus Kuhnert, Merck

Dr. Marcus Kuhnert ist Mitglied der Geschäftsleitung und Chief Financial Officer der Merck AG. Seit September 2017 hat er neben seiner Rolle als Finanzchef auch die Verantwortung für die neugegründeten Merck Business Services. Kuhnert hat Wirtschaftsingenieurwesen an der Technischen Universität Darmstadt studiert und sein Studium mit der Promotion abgeschlossen.

Herr Kuhnert, warum haben Sie Wirtschaftsingenieurwesen studiert?
Mich hat die Kombination von ingenieurwissenschaftlichen und wirtschaftlichen Themen gereizt. Morgens Kostenleistungsrechnung hören und danach in eine Übung zur Technischen Mechanik gehen, fand ich spannend und abwechslungsreich. Außerdem waren damals – und sie sind es auch noch heute – die Aussichten auf einen guten Job nach dem Studium ausgezeichnet.

Welche Skills, die Sie im Studium erlernt haben, waren für Ihren Werdegang besonders wichtig?
Zusätzlich zur sehr guten fachlichen Ausbildung an der TU Darmstadt vor allem Stressresistenz, Durchhaltevermögen und zielgerichtetes, methodisches Arbeiten.

Was bedeutet für Sie als Wirtschaftsingenieur der Faktor Interdisziplinarität?
Als Wirtschaftsingenieur entwickelt man ein Verständnis für zwei Welten gleichermaßen, man lernt die betriebswirtschaftliche und die technische Sichtweise auf die Dinge. Auch im Unternehmen ist es wichtig, Problemstellungen aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten. Nur so ist es möglich, den wissenschaftlichen und ökonomischen Herausforderungen, die sich zudem ständig wandeln, erfolgreich zu begegnen – und ihnen möglichst sogar um einige Schritte voraus zu sein.

Sind aus Ihrer Sicht Absolventen und Professionals mit einem weiten Horizont momentan besonders gefragt?
Definitiv. Wir leben in einer Welt, die sich momentan in einem radikalen Umbruch befindet. Daher suchen wir bei Merck Menschen, die neue Wege gehen und auch mal über den Tellerrand schauen.

Was raten Sie Wirtschaftsingenieuren, die in Ihrer Branche Fuß fassen wollen?
Als Wissenschafts- und Technologieunternehmen suchen wir Mitarbeiter, die vor allem eines mitbringen: Neugier. Sie sollen dafür brennen, Antworten auf die schwierigen Fragen zu suchen und den Status Quo ständig auf den Prüfstand stellen. Das sind Eigenschaften, die auch einen guten Wirtschaftsingenieur auszeichnen.

Stichwort Digitalisierung: Wo sehen Sie für Ihre Branche sowie für Ihren konkreten Arbeitsbereich die Potenziale, aber auch die Herausforderungen?
Das Thema betrifft nicht nur den Finance-Bereich, sondern den gesamten Konzern. Für mich als Finanzvorstand geht es dabei einerseits darum, die Geschäftsbereiche bei deren jeweiligen digitalen Initiativen zu unterstützen. Die Schnittstellen zur Finance-Organisation sind hier zahlreich. Auf der anderen Seite ist es mir wichtig, digitale Wertschöpfungsbeiträge aus der Finanz-Organisation heraus zu definieren. Die Kernkompetenz des Finanzbereichs ist es, Daten in entscheidungsrelevante Informationen zu überführen. Deshalb sind Themen wie Advanced Analytics und Big Data hierbei bevorzugte Anwendungsfälle für uns.

 

In den Sommerinterviews befragt der VWI in loser Folge Wirtschaftsingenieure und Wirtschaftsingenieurinnen, die wichtige Positionen in Industrie und Lehre innehaben, zu ihrem Blick auf das Berufsbild.