Klaus Endress

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Sommerinterview: Klaus Endress, Endress+Hauser

Klaus Endress wurde 1948 geboren und hat ein Studium als Diplom-Wirtschaftsingenieur an der Technischen Universität Berlin absolviert. Nach Tätigkeiten für verschiedene US-Firmen trat er 1980 ins väterliche Unternehmen ein, dessen Leitung er 1995 übernahm. Als CEO prägte Klaus Endress über fast zwei Jahrzehnte die Entwicklung der Endress+Hauser Gruppe – die Ausrichtung auf Branchen, der Aufbau eines globalen IT- und Produktionsnetzwerkes sowie der Ausbau des internationalen Vertriebs tragen seine Handschrift. 2014 übergab er das operative Geschäft an Matthias Altendorf und wechselte als Präsident in den Verwaltungsrat.

Herr Endress, warum haben Sie Wirtschaftsingenieurwesen studiert?
Weil das Studium die technischen Fächer mit den Themen der Ökonomie verbindet. Unsere Welt besteht nicht allein aus Technologie oder aus Zahlen… Man muss beides in genügender Tiefe kennen, um das Ganze zu verstehen. Alles hängt mit allem zusammen!

Welche Skills, die Sie im Studium erlernt haben, waren für Ihren Werdegang besonders wichtig?
Fertigungstechnik und Informatik waren sehr wichtig für meine spätere Tätigkeit – auch Elektrotechnik, obwohl ich das Fach nie geliebt habe. Geld- und Außenwirtschaft haben mir geholfen, ein gutes Verständnis der finanziellen Zusammenhänge zu bekommen. Aber vor allem das Wissen aus den Bereichen Fertigungstechnik und Informatik, auch über Prozesse und Logistik, konnte ich gut anwenden in unserem Unternehmen. Auf diesen Gebieten waren wir damals noch nicht stark. In meiner Diplomarbeit habe ich mich mit den Interdependenzen der kundenspezifischen Einzelfertigung befasst – ein sehr komplexes Thema, das ich von der Bestellung bis zur Lieferung durchdrungen habe. Die IT war zu dieser Zeit, Ende der 70er Jahre, noch gar nicht leistungsfähig genug, um das alles abzubilden. Aber heute haben wir Prinzipien wie One-Piece-Flow fest in unseren Produktionen verankert. Dafür habe ich mit meiner Arbeit gewissermaßen die Grundlage gelegt.

Welche Bedeutung hat für Sie als Wirtschaftsingenieur der Faktor Interdisziplinarität?
Die Fähigkeit, über den Tellerrand hinauszusehen, hat mir immer enorm geholfen. Als Unternehmer muss man immer wieder Entscheidungen treffen, ohne wirklich Ahnung von einem Thema zu haben. Dann muss man auf das Wissen und die Einschätzung von anderen vertrauen. Deshalb: Je breiter man aufgestellt ist, desto besser – und das Studium des Wirtschaftsingenieurwesens vermittelt genau dieses breite Fundament. Auf einer solchen Grundlage kann man Entscheidungen mit größerer Sicherheit treffen. Deshalb würde ich jederzeit wieder Wirtschaftsingenieurwesen studieren!

Sind aus Ihrer Sicht Absolventen und Professionals mit einem weiten Horizont momentan besonders gefragt?
Wirtschaftsingenieure werden immer gefragt sein – eben weil es auf Leitungsebene den interdisziplinären Blick braucht; Menschen, die sehen, was links und rechts passiert, die erkennen, was kommt und wichtig wird. Wichtig ist, dass die Absolventinnen und Absolventen in allen Themen auch genügend Tiefe haben.

Stichwort weiter Horizont: Welches Thema jenseits des eigenen Geschäftsfeldes verfolgt Ihr Unternehmen gerade mit besonderer Aufmerksamkeit?
Unser Unternehmen ist in der Mess- und Automatisierungstechnik zu Hause. Traditionell sind unsere Geräte in großen verfahrenstechnischen Anlagen installiert. Über die vergangenen Jahre haben wir uns beispielsweise stark mit der Biotechnologie befasst. Immer mehr Produkte werden biotechnologisch hergestellt. Dort sind die Verfahren, die Herstellungsbedingungen ganz andere, auch die Mengen… Denken Sie nur an personalisierte Medizin. Deshalb wollten wir wissen, was in diesem Bereich wichtig ist, was und wie es gemessen wird. Unsere strategische Ausrichtung auf moderne Analyseverfahren ist eine Konsequenz hieraus, ebenso der Schritt in den Markt für Labormesstechnik. Ein anderer Bereich ist natürlich die Digitalisierung. Hier erkunden wir beispielsweise die Möglichkeiten der Kundennähe auf digitalen Plattformen mit einem Start-up in Berlin.

Von welcher technischen und/oder gesellschaftlichen Entwicklung erwarten Sie in den kommenden fünf bis zehn Jahren ein die Zukunft besonders prägendes Potenzial?
Ganz eindeutig durch die Digitalisierung. Es wird dadurch zu einer völligen Veränderung des Dienstleistungssektors kommen. Dieser Prozess ist schon seit Jahren im Gange. Denken Sie nur an die Art, wie wir heute Bankgeschäfte erledigen oder Reisen buchen… Das hat sich in nur zehn Jahren komplett verändert! Diese Entwicklung wird weitergehen. Sie wird alle Dienstleistungen erfassen, die nicht direkt an Kunden erbracht werden. Diese Umwälzungen werden ähnlich gravierend sein wie durch die erste industrielle Revolution!

 

In den Sommerinterviews befragt der VWI in loser Folge Wirtschaftsingenieure und Wirtschaftsingenieurinnen, die wichtige Positionen in Industrie und Lehre innehaben, zu ihrem Blick auf das Berufsbild.

Building Information Modeling

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Bauindustrie setzt auf Building Information Modeling

79 Prozent der Bauunternehmen wollen in den kommen Jahren Building Information Modeling (BIM) nutzen. Mit dieser als ‘digitales Planen und Bauen’ bezeichneten Methode wird das Planen, Ausführen und Bewirtschaften von Gebäuden mit Hilfe von digitalen Lösungen optimiert. Aber 63 Prozent halten das digitale Bauen für technisch anspruchsvoll, und nur 18 Prozent haben bereits eine ausgereifte Strategie für das digitale Bauen entwickelt. Dabei rechnet jedes zweite Unternehmen damit, dass sich das Geschäftsmodell durch BIM stark wandeln wird. Zu diesen Ergebnissen kommt die Studie „Digitalisierung der deutschen Bauindustrie“, für die PwC 100 Unternehmen aus den Bereichen Planung & Design, Bau und Anlagenbau befragt hat.

Wie die Studie zeigt, hat mehr als die Hälfte der deutschen Bauunternehmen bereits Erfahrungen mit Building Information Modeling gesammelt. Fast jeder Zweite bezeichnet BIM als positive Erfahrung (46 Prozent) und Arbeitserleichterung (44 Prozent). Dass digitales Bauen zu effizienteren Arbeitsabläufen führt, finden 39 Prozent der Befragten. Je 36 Prozent nennen die kürzeren Planungs- und Bauzeiten sowie eine bessere Zusammenarbeit mit allen Akteuren als zentrale Vorteile.

Building Information Modeling: Hürden

Die größten Hürden für das digitale Bauen sind nach Einschätzung der Unternehmen fehlende Fachkräfte (52 Prozent) und hohe Investitionen (48 Prozent). Außerdem können mehr als drei Viertel der Befragten die Kosten der technischen Implementierung von BIM nicht einschätzen. Um die Einsatzmöglichkeiten von BIM in Deutschland zu verbessern, fordern die Befragten den schnelleren Ausbau der digitalen Infrastruktur. Aber auch die finanzielle Förderung durch den Bund und mehr Anreize seitens der Auftraggeber für eine bereichsübergreifende Zusammenarbeit sehen sie als sehr wichtig an, zudem mehr Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten. Einig sind sich die Befragten darin, dass das digitale Bauen die Branche künftig prägen wird.

„In Zukunft werden Unternehmen aus der Baubranche am digitalen Bauen kaum mehr vorbeikommen“, sagt auch Christian Elsholz, Director bei PwC im Bereich Capital Projects & Infrastructure: „Ab 2020 wird BIM bei allen neuen öffentlichen Infrastrukturprojekten in Deutschland verbindlich. Schon heute fordern viele Ausschreibungen den Einsatz von BIM.“ Das deckt sich mit den Erfahrungen der Umfrageteilnehmer: Rund 60 Prozent geben an, dass BIM in den vergangenen zwölf Monaten in Ausschreibungen gefordert war, durchschnittlich bei zehn Prozent der Projekte. In acht von zehn Ausschreibungen seien darüber hinaus weitere Technologien gefragt gewesen, vor allem 3D-Druck (40 Prozent) sowie Cloud-Technologie und 3D-Laserscanning (jeweils 34 Prozent).

Heiko von der Gracht, Professur Zukunftsforschung

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Sommerinterview: Heiko von der Gracht, Steinbeis-Hochschule

Prof. Dr. habil. Heiko von der Gracht ist einer von nur zwei Lehrstuhlinhabern für Zukunftsforschung in Deutschland. An der School of International Business and Entrepreneurship der Steinbeis-Hochschule (SIBE) erforscht er seit 2019 die Zukunft der Lebens- und Arbeitswelt und lehrt in den berufsintegrierten Master- und Promotionsprogrammen. Seit 2013 verantwortet Professor von der Gracht zudem bei der KPMG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft die Zukunftsstudien, zuletzt zu den Themen: „Künstliche Intelligenz 2040“, „Future-Proof Procurement 2035+“ und „Die Arbeitswelt von morgen“. Von der Gracht hat an der Hochschule Niederrhein und der Fontys Hochschule in den Niederlanden Wirtschaftsingenieurwesen studiert.

Herr von der Gracht, warum haben Sie Wirtschaftsingenieurwesen studiert?
Daran ist mein Vater schuld. Kurz nach dem Abitur, als ich wie viele meiner Kolleginnen und Kollegen nicht so recht wusste, wohin mit mir, sagte er: „So wie ich dich kenne, liegen dir insbesondere Planung, Strukturierung und Organisation. Wirtschaftsingenieurwesen fördert diese Interessen und Begabungen am besten. Denn dieses Studium ist hoch interdisziplinär.“ Es war auch für kurze Zeit Jura im Gespräch. Aber wie die Geschichte zeigt: Mein Vater hatte Recht und ich würde auch heute wieder denselben Weg gehen.

Welche Skills, die Sie im Studium erlernt haben, waren für Ihren Werdegang besonders wichtig?
Interdisziplinär denken und handeln zu können, ist in meinen Augen ein unschlagbarer Vorteil. Die Welt, in der wir leben und arbeiten, ist zunehmend komplexer und dynamischer. Gerade der Rückblick auf die letzten Jahre zeigt doch, dass Branchengrenzen weiter einreißen und wir eine Konvergenz der Technologien erleben.
Mein Erststudium war auf ideale Weise generalistisch – spezialisieren kann man sich hinterher immer noch. Interdisziplinarität ist exakt jene Kompetenz, die ich heute einsetze und in meinen Zukunftsstudien ausspiele. Wenn ich ein konsistentes und plausibles Szenario für die Strategie oder das Innovationsmanagement aufstelle, dann muss ich eben sämtliche Aspekte der Zukunft in Interdependenzen und Kausalzusammenhängen betrachten können – von Wirtschaft und Umwelt über Gesellschaft und Politik bis hin zur Technologie. Dieses ganzheitliche, systemische, vernetzte Denken wurde während meines Studiums besonders gefördert.

Welche Bedeutung hat für Sie als Wirtschaftsingenieur der Faktor Interdisziplinarität?
Eine entscheidende Bedeutung, denn wirklich alle komplexen Herausforderungen der modernen Welt, von der drohenden Rohstoffknappheit, über die Cyber-Sicherheit bis hin zur nachhaltigen Mobilität, lassen sich nur interdisziplinär meistern. Das war mir schon früh klar. Deshalb habe ich schon in meiner frühen Forschungs- und Lehrtätigkeit die Doktoranden-Teams immer interdisziplinär zusammengestellt: vom Wirtschaftsgeographen über Ethnologen bis hin zu Laser-Technikern und Betriebswirtschaftlern. Am Anfang ist es immer herausfordernd, bei so heterogenen Teams ein gemeinsames Verständnis zu entwickeln, weil alle so unterschiedlich denken und sprechen, doch nach der ersten Anlaufzeit entfalten sich die überragenden Potenziale dieser interdisziplinären Teams umso stärker – und die Ergebnisse sind einfach originell.

Sind aus Ihrer Sicht Absolventen und Professionals mit einem weiten Horizont mo-mentan besonders gefragt?
Das sehe ich an meiner eigenen Einstellungspraxis sowie an dem, was die Kolleginnen und Kollegen bevorzugen. Denn nur eine breite Ausbildung bereitet optimal auf das immer komplexer werdende Berufsleben vor. Das ist der eine Faktor. Der andere ist, immer auch Eigenschaften und Themen zu fördern, die mich am Markt differenzieren und außergewöhnlich machen. Indem man zum Beispiel ein herausragendes Thema belegt, das sonst noch keiner oder nur wenige belegen, beispielsweise in Fragen der Robo-Ethik. Oder indem man eine einzigartige Kombination sehr unterschiedlicher Fachrichtungen wählt. In Zeiten von Disruption und digitaler Transformation sind unkonventionelle und originelle Denkanstöße Gold wert und die Menschen, die das liefern können, sehr begehrt.

Stichwort weiter Horizont: Welches Thema beschäftigt Sie gerade besonders und warum?
Das Thema Künstliche Intelligenz und Arbeitswelt der Zukunft: Wie viele neue Jobs und Berufe entstehen durch die Technologien der Zukunft? Werden es 10, 20 oder gar 30 Prozent mehr sein? Kaum einer hat vor 20 Jahren schon an Jobs wie Web-Designer, Visual Artist, Social Media Manager und Influencer gedacht. Und inwieweit schaffen Roboter es tatsächlich, uns alle lästigen, schmutzigen, gefährlichen oder repetitiven Aufgaben abzunehmen? Ganz konkret beschäftige ich mich gerade auch mit dem multi-sensorischen Internet, das heißt der Digitalisierung von Sinneseindrücken wie Geruch und Geschmack. Damit könnte ich online nicht nur die schönste, sondern auch die am besten duftende Rose via Notebook einkaufen. Oder der KI-Advisor in der Hosentasche, mit dem ich eine direkte Verbindung zum Superrechner habe: Nie wieder unüberlegte oder schwache Entscheidungen!

Von welcher technischen und/oder gesellschaftlichen Entwicklung erwarten Sie in den kommenden fünf bis zehn Jahren ein die Zukunft besonders prägendes Potenzial?
Es gibt derzeit viele interessante neue technische Entwicklungen. Besonders die Gedankensteuerung hat es mir angetan. Noch während ich im Bett liege, kann ich bereits die Kaffee-Maschine anschalten – ohne einen Finger zu bewegen. Ein Beispiel aus der Arbeitswelt: Ich kann leider binnen weniger Sekunden keine 30 Knöpfe und Hebel bedienen, um zum Beispiel eine Maschine zu steuern. Aber ich kann in wenigen Sekunden locker 30 Gedanken fassen – und die Maschine führt sie aus. Unser menschlicher Wirkungsgrad würde sich verzigfachen! Auch für bewegungseingeschränkte Menschen wird die Gedankensteuerung eine wahre Wohltat sein: Sie können so ihre Prothesen und Rollstühle mit Gedankenkraft steuern.

In den Sommerinterviews befragt der VWI in loser Folge Wirtschaftsingenieure und Wirtschaftsingenieurinnen, die wichtige Positionen in Industrie und Lehre innehaben, zu ihrem Blick auf das Berufsbild.

Kreislaufwirtschaft

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Mit Kreislaufwirtschaft gegen die Erdüberlastung

Der Earth Overshoot Day – oder auch Erdüberlastungstag – bestimmte Ende Juli die Schlagzeilen. Denn am 29. Juli und damit so früh wie noch nie zuvor hatte die Weltbevölkerung rein rechnerisch die für 2019 verfügbare Menge an nachwachsenden Rohstoffen verbraucht, die im laufenden Jahr von der Erde reproduziert werden kann. Die Unternehmensberatung PwC appelliert in dem Whitepaper „The road to circularity“, das aktuell dominierende, lineare Wirtschaftsmodell durch das Prinzip der Kreislaufwirtschaft zu ersetzen. Die Analyse soll Anregungen und Handlungsempfehlungen geben, wie dieser Übergang gelingen kann.

Die Kreislaufwirtschaft (Circular Economy, CE) orientiert sich an der Natur als Vorbild. Das Ziel ist ein geschlossener Materialkreislauf, der die Entstehung von Abfällen minimiert und im Idealfall vermeidet. Drei Prinzipien sind charakteristisch:

  • Ressourcen effizient einsetzen und erneuerbare Materialien, wo immer möglich, priorisieren
  • Nutzung und Lebensdauer von Produkten maximieren
  • Neben- und Abfallprodukte nutzen, um Neues herzustellen

„Viele Unternehmen haben bereits die Relevanz der Kreislaufwirtschaft erkannt“, sagt Hendrik Fink, Leiter Sustainability Services bei PwC Deutschland. Die Herausforderung bestehe nun darin, das Prinzip vollständig in die Geschäftsprozesse zu integrieren. Dabei sei es wichtig, sich nicht nur auf die kurzfristige finanzielle Wertschöpfung zu konzentrieren, sondern auch den Wert für die Verbraucher, die Umwelt und die Gesellschaft als Ganzes mit einzubeziehen. Fink ist überzeugt, dass Unternehmen, denen es gelingt, sich neu zu erfinden und innovative Geschäftsmodelle auf Basis der Circular Economy zu etablieren, die Gewinner von morgen sein werden.

Kreislaufwirtschaft bringt Unternehmen Vorteile

Dem White Paper zufolge gibt es für Unternehmen zahlreiche Gründe, das Prinzip der Kreislaufwirtschaft in ihre Geschäftsmodelle zu integrieren. Zum einen lasse sich so die Abhängigkeit von Rohstoffen reduzieren und die Wertschöpfungskette unabhängiger und widerstandsfähiger gestalten. Zum anderen würden Verbraucher Kriterien der Nachhaltigkeit stärker in ihre Kaufentscheidungen einbeziehen, was in eng verwobenen Lieferketten den Druck erhöhe, auf umwelt- und sozialverträgliche Geschäftspraktiken zu setzen. Circular-Economy-Ansätze könnten zudem Geschäftschancen durch neue Second-Hand-Märkte und Geschäftsmodelle der Sharing Economy erhöhen.

Als einen wichtigen Treiber für die Kreislaufwirtschaft hat PwC innovative Technologien wie Künstliche Intelligenz, das Internet der Dinge, 3D-Druck, Robotik, Blockchain, Drohnen oder Virtual- und Augmented Reality identifiziert– sie alle können demnach dazu beitragen, Strategien der Kreislaufwirtschaft zu stärken. Künstliche Intelligenz beispielsweise könne die Produktivität und Effizienz erhöhen, indem sie den Verbrauch von Energie und Wasser bei der Produktion optimiert, während 3D-Druck die Nachhaltigkeit des Designs und die Langlebigkeit eines Produkts verbessern könne. Auch der Einsatz von Drohnen könne die Langlebigkeit fördern, zum Beispiel durch gezielte frühzeitige Instandsetzung.

Deutschland: Circular Economy Initiative gegründet

In Deutschland hat sich übrigens eine Circular Economy Initiative gegründet, welche die lineare Logik des Herstellens und Verbrauchens durchbrechen will. Wissenschaft, Unternehmen und Zivilgesellschaftliche Organisationen wollen darin zusammen an einem Zielbild für Deutschland arbeiten. Eine erste Studie beleuchtet Perspektiven für Deutschland, europäische Vorbilder und die Entwicklung einer Circular Economy Roadmap.

carsten Kratz BCG

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Sommerinterview: Carsten Kratz, Boston Consulting Group

Carsten Kratz hat an der TU Darmstadt Wirtschaftsingenieurwesen studiert und arbeitet seit 1990 für die Boston Consulting Group (BCG). Im Mittelpunkt seiner Arbeit stehen Themen wie Strategieentwicklung, operative Effizienzsteigerung und Organisationsentwicklung. Die Begleitung umfassender Transformationen gehört ebenfalls zu seinem Repertoire. Besonderer Schwerpunkt seiner Arbeit – gerade in jüngerer Vergangenheit – sind datengetriebene Transformationen, bei denen „Digital & Analytics“ im Mittelpunkt stehen. Er berät zahlreiche Kunden aus verschiedenen Branchen wie Industrie, Konsumgüter, Private Equity und dem öffentlichen Sektor. Von 2013 bis 2019 war Carsten Kratz Deutschlandchef und hat seine Rolle im April dieses Jahres turnusgemäß an seinen Nachfolger übergeben. Ende September wird Carsten Kratz, der seit April Chairman für Deutschland und Österreich ist, BCG verlassen.

Herr Kratz, warum haben Sie Wirtschaftsingenieurwesen studiert?
Ich war schon als Kind ein Tüftler und mir war schnell klar, dass ich diese Leidenschaft auch in meinem Berufsleben verwirklichen möchte. Gleichzeitig wuchs während meiner Schulzeit der Wunsch, eine Management-Laufbahn einzuschlagen. Daher war und ist das Wirtschaftsingenieurwesen die perfekte Kombination für mich. Der Chef meines Vaters sagte mir einmal, das sei weder Fisch noch Fleisch. Das hat mich dann schon etwas zum Grübeln gebracht. Aber heute weiß ich: Es ist Fisch und Fleisch – und jeder weiß, dass eine ausgewogene Ernährung gesund ist…

Welche Skills, die Sie im Studium erlernt haben, waren für Ihren Werdegang besonders wichtig?
Das Studium ist sehr anspruchsvoll. Wer sich als Ziel gesetzt hat, den Abschluss in einem überschaubaren Zeitraum zu machen, merkt schnell: Hier sind Disziplin und Struktur gefordert. Das sind zwei Tugenden, die in meinem Berufsleben seit jeher eine sehr wichtige Rolle spielen. Fachlich gesehen, hilft mir die Kombination aus Ingenieursdenken und Businessperspektive immer wieder. Wenn man ein technisches Verständnis mitbringt, bekommt man bei der wirtschaftlichen Betrachtung eines Unternehmens ein ganz anderes Gefühl für die Produkte und Dienstleistungen, die die Mitarbeiter oft mit Hingabe und Leidenschaft erarbeiten. Gerade in der heutigen Zeit, in der die Frage nach Orientierung und dem so genannten „Purpose“ eines Unternehmens immer stärker in den Vordergrund rückt, ist das sehr hilfreich.

Welche Bedeutung hat für Sie als Wirtschaftsingenieur der Faktor Interdisziplinarität?
Interdisziplinarität ist einer der wichtigsten Faktoren in der Arbeitswelt und weit darüber hinaus. Angesichts der neuen Technologien und des rasanten Tempos, in dem sie unsere Welt verändern, kommt man mit Scheuklappen-Denken nicht weiter. Hier sind verschiedene Perspektiven gefragt. Denn Vielfalt ist ein Treiber für Innovation, das haben wir bei BCG sogar empirisch belegt. Die Bedeutung von Vielfalt gilt dabei nicht nur für Disziplinen, sondern für viele Facetten wie Herkunft, Geschlecht oder Kultur.

Sind aus Ihrer Sicht Absolventen und Professionals mit einem weiten Horizont momentan besonders gefragt?
Zunächst einmal bin ich davon überzeugt, dass die meisten Studenten keinen limitierten Horizont haben. Ich erlebe immer wieder aufs Neue, dass es nicht vom Studiengang abhängt, wie aufgeschlossen jemand ist. Wer bereit ist, offen an Dinge heranzugehen, verlässt die Uni mit einem weiten Horizont. Und das ist wichtig. Natürlich brauchen wir Spezialisten und Experten in bestimmten Gebieten. Wer seine Fähigkeiten aber auch auf Problemstellungen aus anderen Bereichen anwenden kann, hat einen viel größeren Hebel, sein Know-how gewinnbringend einzusetzen.

Stichwort weiter Horizont: Welches Thema beschäftigt Sie gerade besonders und warum?
Klimaschutz und Artenvielfalt stehen ganz oben auf der Agenda. Die Frage, wie wir unsere Lebensweise und unser Wirtschaften nachhaltig gestalten, ist eine der drängendsten unsere Zeit. Das zeigen nicht zuletzt die Fridays-for-Future-Proteste und die Ergebnisse der jüngsten Wahlen und Umfragen.
Stichwort weiter Horizont: Das Thema beschäftigt mich schon seit einiger Zeit, unter anderem in meiner Rolle als Verwaltungsratsmitglied der Senckenberg-Stiftung. BCG hat mit der Studie „Klimapfade für Deutschland“ erarbeitet, ob und wie sich die Klimaziele erreichen lassen. Mit eindrucksvollen Ergebnissen. Die notwendigen Technologien gibt es bereits und Deutschland kann sich den Klimaschutz nicht nur leisten, sondern könnte davon sogar wirtschaftlich profitieren – wenn wir jetzt entschlossen handeln.
Wir müssen die Dinge systemisch betrachten, also alle möglichen Hebel gleichzeitig bewegen. Beispielsweise ist die Diskussion, mit welchem Strom die Batterie eines Elektroautos geladen wird, nicht zielführend: Wir müssen so schnell es geht möglichst viele Elektroautos auf die Straßen bringen und parallel konsequent die Energiewende vorantreiben. Nur so haben wir eine Chance, mittelfristig den Schritt in die Elektromobilität zu schaffen – mit Batterien, die mit grünem Strom geladen werden!

Von welcher technischen und/oder gesellschaftlichen Entwicklung erwarten Sie in den kommenden fünf bis zehn Jahren ein die Zukunft besonders prägendes Potenzial?
Wir leben in einer von Daten getriebenen Welt. Wir produzieren so viele Daten wie niemals zuvor – allein ein Internetstar wie Kim Kardashian produziert schon ohne Weiteres mehr als 0,5 Gigabyte pro Tag. Ein intelligentes Auto, das über Sensoren und Kameras Daten sammelt, schafft täglich sage und schreibe 30 Terabyte. Und genau hier beginnt die eigentliche Datenexplosion. Denn die Vernetzung von Dingen nimmt erst richtig Fahrt auf. Jeden Tag werden 5,5 Millionen neue Gegenstände mit dem Internet der Dinge verbunden. Darin liegt eine riesige Chance für Deutschland mit seiner industriellen Basis und den entsprechenden Maschinendaten – also wiederum auch eine riesige Chance für alle (Wirtschafts-) Ingenieure.
Es werden diejenigen erfolgreich sein, die es schaffen, diese Daten nicht nur zu sammeln, sondern sie greifbar zu machen, sie zu analysieren und darauf aufbauend neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Daher ist Digital & Analytics einer der Megatrends, der die Zukunft entscheidend prägen wird.

 

In den Sommerinterviews befragt der VWI in loser Folge Wirtschaftsingenieure und Wirtschaftsingenieurinnen, die wichtige Positionen in Industrie und Lehre innehaben, zu ihrem Blick auf das Berufsbild.

Beraterversammlung 2019

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Beraterversammlung 2019 – Professionals Edition

Von Jessica Rahn, VWI-Bundesteam

Die Hochschulgruppen-Beratung des VWI-Bundesteams organisiert in diesem Jahr in Berlin zum zweiten Mal eine Beraterversammlung. Vom 25. bis zum 27. Oktober 2019 können daran auch alle VWIler teilnehmen, die schon im Berufsleben stehen, Interesse an Beratung haben und ihr Netzwerk erweitern wollen. 2018 hatte die Beraterversammlung in Magdeburg Premiere. Auch in diesem Jahr werden im Rahmen dieses Events erfahrenen VWIlern Methoden und Konzepte der Beratung nähergebracht. Diese sollen sie dabei unterstützen, Hochschulgruppen zu beraten, die sich weiterentwickeln wollen. Die HG-Beratung dient der Stärkung der Hochschulgruppen und damit dem gesamten Verband.

Im vergangenen Jahr haben wir dabei die Kompetenzen einiger berufstätiger VWI-Mitglieder genutzt, die als Berater tätig sind und dementsprechend ihr Wissen und ihre Erfahrungen weitergeben konnten. Um diesen Austausch nicht nur den Teilnehmern der Beraterversammlung zu ermöglichen, möchten wir die Veranstaltung in diesem Jahr erweitern. Dazu zählt zum einen, dass parallel eine Fortbildung für die VWI-Trainer angeboten wird. Zum anderen wollen wir Berufstätigen, die an Beratungsthemen interessiert oder in diesem Bereich tätig sind, die Möglichkeit geben, in diesem Rahmen an einem gemeinsamen Austausch teilzunehmen.

Neben den Abendveranstaltungen finden sich weitere Gelegenheiten zum Networking und fachlichem Austausch im Open Space am Samstagvormittag. Der Open-Space-Slot wird aufgrund der thematischen Ergänzung zur Beraterversammlung zum Thema „Erfahrungen in der Beratung – zwischen Methoden und Sinnhaftigkeit“ stattfinden.

Beraterversammlung mit flexiblem Konzept

Generell möchten wir die Veranstaltung für euch so flexibel wie möglich gestalten. Aus diesem Grund könnt ihr bei der Anmeldung über den untenstehenden Link einzelne Blöcke auswählen, an denen ihr teilnehmen möchtet. Die Unterbringung muss selbst organisiert werden. Genauere Informationen zu günstig gelegenen Unterkünften erhaltet ihr nach der Anmeldung.

Für das Freizeitprogramm stehen die Optionen Exit Game und Craft Beer Tasting zur Auswahl. Ihr könnt im Laufe der Anmeldung zwischen beiden wählen, sodass dieser Block entsprechend der Antworten gestaltet wird. Die Kosten der Veranstaltung werden sich auf eine Pauschale von 50 Euro belaufen plus voraussichtlich 25 Euro für das Freizeitprogramm. Für Fragen und Anregungen können sich alle Interessenten an Jessica Rahn wenden.

Anmeldungen zur Beraterversammlung 2019 – Professionals Edition sind bis zum 31. Juli 2019 möglich.

Strukturwandel durch Digitalisierung

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Strukturwandel in der Arbeitswelt analysiert

Umbrüche in der Arbeitswelt sind nichts Neues. Beispiele sind die industrielle Revolution im 19. Jahrhundert, die Etablierung von Robotern und Computern in der Arbeitswelt des 20. Jahrhunderts und aktuell die Einführung neuer vernetzter digitaler Technologien. Mit jedem Strukturwandel wurden Stimmen laut, die vor dem Verlust von Arbeitsplätzen warnten. „Fortschritt macht arbeitslos“, titelte beispielsweise der Spiegel im Jahr 1978 zum Thema Computer-Revolution.

Zu einem differenzierteren Ergebnis kommt allerdings das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB). Zwei IAB-Forscher, der Volkswirt Hermann Gartner und der Wirtschaftsingenieur Heiko Stüber, haben den Strukturwandel des deutschen Arbeitsmarktes seit den 70er Jahren analysiert. „Es ist zwar richtig, dass neue Technologien zu einem Abbau von Arbeitsplätzen in bestimmten Berufen oder Industrien führen können“, so die Forscher: „Jedoch sorgen neue Technologien zugleich für einen Arbeitsplatzaufbau in anderen Berufen oder Industrien.“ Der deutsche Arbeitsmarkt habe den Strukturwandel seit den 70er Jahren bislang alles in allem ausgleichen können. Auf längere Sicht betrachtet seien etwa in dem Maß, in dem Arbeitsplätze abgebaut wurden, auch neue entstanden.

Strukturwandel führt zu qualitativen Veränderungen

„Technischer Fortschritt hat in Deutschland bislang nicht zu weniger Arbeit geführt, sondern zu einer Umschichtung von Arbeitsplätzen und Arbeitskräften“, schreiben Gartner und Stüber. Für Hochqualifizierte seien sogar mehr Arbeitsplätze hinzu gekommen als verschwunden. Für Geringqualifizierte seien dagegen weniger Stellen entstanden als abgebaut wurden. Die technologische Entwicklung sei also mit einer qualitativen Veränderung des Bedarfs an Arbeitskräften verbunden gewesen.

Bezogen auf die aktuelle Digitalisierungsdebatte rund um Industrie 4.0 erwarten die Forscher, dass auch dieses Mal das Beschäftigungsniveau in Deutschland unterm Strich nicht sinken wird. Das IAB prognostiziert allerdings große Umbrüche: Durch die Digitalisierung werden demnach rund 1,5 Millionen Stellen wegfallen, jedoch in ähnlichem Umfang auch neue entstehen. „Dass neu entstehende Arbeitsplätze oft ein anderes Anforderungsniveau aufweisen als die weggefallenen Arbeitsplätze, ist mit ein Grund, dass es immer ein bestimmtes Maß an Mismatch-Arbeitslosigkeit gibt“, so die Forscher. Qualifizierung sowie professionelle Beratung und Vermittlung seien deshalb von zentraler Bedeutung, damit die Beschäftigten mit den Herausforderungen der Digitalisierung und dem damit einhergehenden Strukturwandel schritthalten können.

Ralf Feierabend ConMoto

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Sommerinterview: Ralf Feierabend, ConMoto

ConMotos Geschäftsführender Gesellschafter Dr.-Ing. Ralf Feierabend gründete die Unternehmensberatung 1990 in München. Der Wirtschaftsingenieur arbeitete von 1980 bis 1986 für die Robert Bosch GmbH in Stuttgart in verschiedenen Führungspositionen. Von 1987 bis 1990 war er Direktor Logistik bei der Bosch Siemens Hausgeräte GmbH in München. Ralf Feierabend ist Experte für die Themen Strategie, Technologiemanagement, Prozessoptimierung und Restrukturierung.

Herr Feierabend, warum haben Sie Wirtschaftsingenieurwesen studiert?
Ich habe mit zwei Semestern Maschinenbau in Hannover angefangen. Aber das war mir zu einseitig. Ich wollte nie Spezialist für eine ganz bestimmte Aufgabe sein, sondern immer ganzheitlich-unternehmerisch an Aufgaben herangehen.

Welche Skills, die Sie im Studium erlernt haben, waren für Ihren Werdegang besonders wichtig?
Zum einen habe ich an der Technischen Universität Berlin genügend Grundkenntnisse im Maschinenbau mitbekommen, um mit den Technikern halbwegs auf Augenhöhe diskutieren zu können. Zum anderen war die Logistik für meinen beruflichen Start bei Bosch von herausragender Bedeutung. Ich hatte ja das Glück, als einer der ersten bei Prof. Helmut Baumgarten dieses Thema vertiefen zu können. Auf diesem Feld bestand in der Industrie großer Nachholbedarf. Ich habe dadurch sehr schnell Führungsaufgaben übernehmen können. Auch als ich 1990 die ConMoto Strategie & Realisierung gegründet habe, war die Logistik das Fundament für den Erfolg.

Welche Bedeutung hat für Sie als Wirtschaftsingenieur der Faktor Interdisziplinarität?
Grundsätzlich werden wirtschaftlich erfolgreiche Lösungen interdisziplinär entwickelt. Wirtschaftsingenieure sind aufgrund ihrer interdisziplinären Ausbildung geborene Moderatoren zwischen den unterschiedlichen Fachrichtungen. Die Japaner haben uns gelehrt, dass viele deutsche Produkte in der Vergangenheit zu komplex und zu teuer konstruiert waren. Das machen wir heute besser. ConMoto hilft Unternehmen bereits in der Entwicklungsphase eines Produktes, systematisch kostenoptimierte Lösungen zu finden. Das geht nur interdisziplinär.

Sind aus Ihrer Sicht Absolventen und Professionals mit einem weiten Horizont momentan besonders gefragt?
Ein weiter Horizont hat noch nie geschadet! Gefragt sind Absolventen und Professionals, die vermeintlich komplexe Themen so „zerlegen“ können, dass die verbleibende Komplexität beherrschbar ist. Ich bin seit fast 30 Jahren Unternehmensberater. Dieser Beruf verlangt, dass man sich sehr schnell in unterschiedliche Aufgabenstellungen hineindenken kann. Die Fachleute mit der tiefen spezifischen Expertise sitzen auf der Kundenseite. Deren Know-how muss eher in der Breite als in der Tiefe ergänzt werden.

Stichwort weiter Horizont: Müssen Unternehmen umdenken und neben einer interdisziplinären Arbeitsweise auch Faktoren wie Vielfalt oder Diversität mehr berücksichtigen?
Wir sind Unterzeichner der Charta der Vielfalt. Diversität in vielfacher Form ist für uns ein Schlüssel zum Erfolg! Wir haben bei insgesamt rund 90 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern etwa 20 Muttersprachen bei ConMoto. Darunter sind auch sehr unterschiedliche Berufe. Gerade berufliche „Außenseiter“, wir hatten sogar schon Mediziner, haben häufig einen ganz besonderen Zugang zu guten Lösungen. Die richtige Mischung zwischen Jung und Alt ist ebenfalls wichtig.
Frauen im Team sind definitiv ein Vorteil. Im Moment haben wir leider mal wieder eine Phase, in der relativ wenige Frauen bei uns arbeiten. Wir kümmern uns darum, das zu ändern. Zum Beispiel bietet ConMoto seinen Beraterinnen und Beratern ein flexibles Arbeitszeitmodell an, das die freie Wahl zwischen einer Vier-Tage-Woche und einer Fünf-Tage-Woche ermöglicht – bei gleichem Grundgehalt. So können unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Arbeitszeit nach Bedarf an ihre Lebenssituation anpassen. Wir sind zuversichtlich, dass uns dieses Arbeitszeitmodell zu einem besonders interessanten Arbeitgeber macht.

Von welcher technischen und/oder gesellschaftlichen Entwicklung erwarten Sie in den kommenden fünf bis zehn Jahren ein die Zukunft besonders prägendes Potenzial?
Ganz klar – die Digitalisierung wird die Zukunft prägen. Alles, was digitalisiert werden kann, wird digitalisiert werden. Die Smart Factory ist im Aufbau. Deshalb müssen Unternehmen jetzt eine Digitalisierungsstrategie entwickeln oder sie werden zu den Verlierern gehören. Genau für diese Strategie- und Umsetzungsthemen brauchen Unternehmen die Methodenkompetenz und den Sachverstand von Wirtschafsingenieuren.

In den Sommerinterviews befragt der VWI in loser Folge Wirtschaftsingenieure und Wirtschaftsingenieurinnen, die wichtige Positionen in Industrie und Lehre innehaben, zu ihrem Blick auf das Berufsbild.

Umsicht Wissenschaftspreis 2019

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Umsicht-Wissenschaftspreis für WiIng Kai Mainzer

Bereits 2018 hat ein Wirtschaftsingenieur den Umsicht-Wissenschaftspreis erhalten: Dr. Stefan Kippelt bekam damals die Auszeichnung für seine Dissertation „Dezentrale Flexibilitätsoptionen und ihr Beitrag zum Ausgleich der fluktuierenden Stromerzeugung Erneuerbarer Energien“. In diesem Jahr, in dem der Umsicht-Förderverein den Preis zum zehnten Mal vergibt, geht die Auszeichnung an Dr. Kai Mainzer. Der Wirtschaftsingenieur wurde für seine Dissertation „Analyse und Optimierung urbaner Energiesysteme – Entwicklung und Anwendung eines übertragbaren Modellierungswerkzeugs zur nachhaltigen Systemgestaltung“ prämiiert.

Kai Mainzer hat am KIT Wirtschaftsingenieurwesens studiert und seine Diplomarbeit zum Thema „Preissenkungsstrategien für dynamische Stromtarife“ verfasst. 2012 ging es für ihn an den Lehrstuhl für Energiewirtschaft am KIT. Seit Oktober 2018 leitet der promovierte Wirtaschaftsingenieur die Forschungsgruppe Erneuerbare Energien und Energieeffizienz.

In seiner ausgezeichneten Promotion hat Kai Mainzer ein Modell entwickelt, das automatisierte Analysen unter anderem zur Bestimmung der Energienachfrage und der Potenziale für erneuerbare Energien erlaubt. Denn insbesondere kleinen Gemeinden fehlt es oft an Know-how, um lokale Potenziale zur Emissionsminderung zu erkennen und geeignete Maßnahmen zu identifizieren, die der Erreichung der eigenen Nachhaltigkeitsziele dienen. Bei Mainzers Modell werden sowohl die Investitions- als auch die Einsatzplanung für Energieumwandlungstechnologien auf der Angebots- und Nachfrageseite berücksichtigt. Einen besonderen Wert bei der Entwicklung des Modells namens „RE3ASON“ (Renewable Energies and Energy Efficiency Analysis and System Optimization) legte Mainzer auf die Übertragbarkeit der einzelnen Methoden, damit diese in möglichst vielen Städten und Gemeinden angewendet werden können.

Der Förderverein will mit dem Preis Menschen auszeichnen, die hervorragende industrie- und marktnahe Forschung leisten. Besonderes Augenmerk bei der Beurteilung liegt der Jury zufolge auf dem fachwissenschaftlichen Niveau und dem nachhaltigen Nutzen der Arbeit für Umwelt und Gesellschaft. Spezieller Wert wird demnach auf den Innovationsgrad, die Markt- und Anwendungsnähe sowie auf eine gut verständliche und überzeugende Darstellung gelegt. Neben Dissertationen können Abschlussberichte, Studien, aber auch Whitepaper etc. eingereicht werden.

Amazon

Beitragsbild: Amazon

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Amazon ist branchenübergreifend allgegenwärtig

Amazon wächst und wächst und ist inzwischen branchenübergreifend allgegenwärtig. Unabhängig von dem Unternehmen ist nach Zahlen des IfH Köln nur noch ein Viertel der Onlineumsätze. Und auch der Einfluss auf den stationären Handel ist durch die zunehmende Vorabinformationssuche immer deutlicher zu spüren. Denn als häufig angesteuerte Inspirationsquelle und intensiv genutzte Produktsuchmaschine ist der Online-Anbieter der Dreh- und Angelpunkt für relevante Informationen. In seiner Studie „Gatekeeper Amazon – Vom Suchen und Finden des eigenen Erfolgswegs“ nimmt das IfH Köln die Handelsaktivitäten des Onlineriesen und seinen Einfluss auf die Kaufentscheidungen der Konsumenten detailliert unter die Lupe.

Amazon beeinflusst auch den stationären Handel

Wie die Studie zeigt, generiert Amazon seine Wachstumsimpulse zurzeit vor allem aus dem Marktplatzgeschäft. Das Eigenhandelsgeschäft ist demnach 2018 nur um 2,2 Prozent gewachsen. Doch das Unternehmen ist nicht nur branchenübergreifend allgegenwärtig, sondern längst auch kein reines Online-Phänomen mehr. Die Studie zeigt detailliert auf, wie stark sein Einfluss auf die gesamte deutsche Handelslandschaft ist. Und dieser Einfluss wächst massiv, so die Studie: Rund 31 Prozent aller Umsätze im Nonfood-Bereich – egal ob online oder stationär – sind den Zahlen zufolge schon heute von der Plattform abhängig. Ganze sieben Prozent sind Umsatz des Handelsriesen selbst, die übrigen 24 Prozent entfallen auf Umsätze, die direkt von ihm beeinflusst werden – zum Beispiel durch die Informationssuche auf der Onlineplattform. Selbst in der Fashion-Branche ist rund ein Viertel des Marktvolumens von Amazon abhängig. In anderen Branchen fällt dieser Anteil deutlich höher aus.

Preise, Bewertungen, Empfehlungen

Aus Sicht der Studienautoren hängt die Abhängigkeit der Handelsumsätze in erster Linie mit dem veränderten Informationsverhalten der Kundschaft zusammen. So nutzen immer mehr Menschen sowohl vor dem Onlinekauf als auch vor dem stationären Kauf Amazon als Informationsquelle – die Studie zeigt, dass durchschnittlich 60 Prozent der Onlinekäufe und 27 Prozent aller stationären Käufe eine entsprechende Recherche vorausgeht. Im Bereich „CE & Elektro“ ist demnach dieses Verhalten besonders ausgeprägt: Bei rund 67 Prozent der Onlinekäufe und 44 Prozent der Anschaffungen im stationären Handel wird vorab auf der Plattform recherchiert. Vor dem Kauf werde Amazon vor allem als Preisanker, als Informationsquelle für Produktbewertungen und für Produktempfehlungen genutzt. Vor allem die Kundenbewertungen der Community liegen demnach hoch im Kurs, und auch Bestseller und Choice-Produkte genießen einen hohen Vertrauensvorschuss.

Insgesamt, so das IfH Köln, steigt der Anteil der Onlineinformationssuche bei Amazon in der Mehrheit der Branchen teilweise deutlich an. Der Einfluss des Online-Unternehmens auf den gesamten Handel nehme dadurch weiter zu.