Kreislaufwirtschaft

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Mit Kreislaufwirtschaft gegen die Erdüberlastung

Der Earth Overshoot Day – oder auch Erdüberlastungstag – bestimmte Ende Juli die Schlagzeilen. Denn am 29. Juli und damit so früh wie noch nie zuvor hatte die Weltbevölkerung rein rechnerisch die für 2019 verfügbare Menge an nachwachsenden Rohstoffen verbraucht, die im laufenden Jahr von der Erde reproduziert werden kann. Die Unternehmensberatung PwC appelliert in dem Whitepaper „The road to circularity“, das aktuell dominierende, lineare Wirtschaftsmodell durch das Prinzip der Kreislaufwirtschaft zu ersetzen. Die Analyse soll Anregungen und Handlungsempfehlungen geben, wie dieser Übergang gelingen kann.

Die Kreislaufwirtschaft (Circular Economy, CE) orientiert sich an der Natur als Vorbild. Das Ziel ist ein geschlossener Materialkreislauf, der die Entstehung von Abfällen minimiert und im Idealfall vermeidet. Drei Prinzipien sind charakteristisch:

  • Ressourcen effizient einsetzen und erneuerbare Materialien, wo immer möglich, priorisieren
  • Nutzung und Lebensdauer von Produkten maximieren
  • Neben- und Abfallprodukte nutzen, um Neues herzustellen

„Viele Unternehmen haben bereits die Relevanz der Kreislaufwirtschaft erkannt“, sagt Hendrik Fink, Leiter Sustainability Services bei PwC Deutschland. Die Herausforderung bestehe nun darin, das Prinzip vollständig in die Geschäftsprozesse zu integrieren. Dabei sei es wichtig, sich nicht nur auf die kurzfristige finanzielle Wertschöpfung zu konzentrieren, sondern auch den Wert für die Verbraucher, die Umwelt und die Gesellschaft als Ganzes mit einzubeziehen. Fink ist überzeugt, dass Unternehmen, denen es gelingt, sich neu zu erfinden und innovative Geschäftsmodelle auf Basis der Circular Economy zu etablieren, die Gewinner von morgen sein werden.

Kreislaufwirtschaft bringt Unternehmen Vorteile

Dem White Paper zufolge gibt es für Unternehmen zahlreiche Gründe, das Prinzip der Kreislaufwirtschaft in ihre Geschäftsmodelle zu integrieren. Zum einen lasse sich so die Abhängigkeit von Rohstoffen reduzieren und die Wertschöpfungskette unabhängiger und widerstandsfähiger gestalten. Zum anderen würden Verbraucher Kriterien der Nachhaltigkeit stärker in ihre Kaufentscheidungen einbeziehen, was in eng verwobenen Lieferketten den Druck erhöhe, auf umwelt- und sozialverträgliche Geschäftspraktiken zu setzen. Circular-Economy-Ansätze könnten zudem Geschäftschancen durch neue Second-Hand-Märkte und Geschäftsmodelle der Sharing Economy erhöhen.

Als einen wichtigen Treiber für die Kreislaufwirtschaft hat PwC innovative Technologien wie Künstliche Intelligenz, das Internet der Dinge, 3D-Druck, Robotik, Blockchain, Drohnen oder Virtual- und Augmented Reality identifiziert– sie alle können demnach dazu beitragen, Strategien der Kreislaufwirtschaft zu stärken. Künstliche Intelligenz beispielsweise könne die Produktivität und Effizienz erhöhen, indem sie den Verbrauch von Energie und Wasser bei der Produktion optimiert, während 3D-Druck die Nachhaltigkeit des Designs und die Langlebigkeit eines Produkts verbessern könne. Auch der Einsatz von Drohnen könne die Langlebigkeit fördern, zum Beispiel durch gezielte frühzeitige Instandsetzung.

Deutschland: Circular Economy Initiative gegründet

In Deutschland hat sich übrigens eine Circular Economy Initiative gegründet, welche die lineare Logik des Herstellens und Verbrauchens durchbrechen will. Wissenschaft, Unternehmen und Zivilgesellschaftliche Organisationen wollen darin zusammen an einem Zielbild für Deutschland arbeiten. Eine erste Studie beleuchtet Perspektiven für Deutschland, europäische Vorbilder und die Entwicklung einer Circular Economy Roadmap.

carsten Kratz BCG

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Sommerinterview: Carsten Kratz, Boston Consulting Group

Carsten Kratz hat an der TU Darmstadt Wirtschaftsingenieurwesen studiert und arbeitet seit 1990 für die Boston Consulting Group (BCG). Im Mittelpunkt seiner Arbeit stehen Themen wie Strategieentwicklung, operative Effizienzsteigerung und Organisationsentwicklung. Die Begleitung umfassender Transformationen gehört ebenfalls zu seinem Repertoire. Besonderer Schwerpunkt seiner Arbeit – gerade in jüngerer Vergangenheit – sind datengetriebene Transformationen, bei denen „Digital & Analytics“ im Mittelpunkt stehen. Er berät zahlreiche Kunden aus verschiedenen Branchen wie Industrie, Konsumgüter, Private Equity und dem öffentlichen Sektor. Von 2013 bis 2019 war Carsten Kratz Deutschlandchef und hat seine Rolle im April dieses Jahres turnusgemäß an seinen Nachfolger übergeben. Ende September wird Carsten Kratz, der seit April Chairman für Deutschland und Österreich ist, BCG verlassen.

Herr Kratz, warum haben Sie Wirtschaftsingenieurwesen studiert?
Ich war schon als Kind ein Tüftler und mir war schnell klar, dass ich diese Leidenschaft auch in meinem Berufsleben verwirklichen möchte. Gleichzeitig wuchs während meiner Schulzeit der Wunsch, eine Management-Laufbahn einzuschlagen. Daher war und ist das Wirtschaftsingenieurwesen die perfekte Kombination für mich. Der Chef meines Vaters sagte mir einmal, das sei weder Fisch noch Fleisch. Das hat mich dann schon etwas zum Grübeln gebracht. Aber heute weiß ich: Es ist Fisch und Fleisch – und jeder weiß, dass eine ausgewogene Ernährung gesund ist…

Welche Skills, die Sie im Studium erlernt haben, waren für Ihren Werdegang besonders wichtig?
Das Studium ist sehr anspruchsvoll. Wer sich als Ziel gesetzt hat, den Abschluss in einem überschaubaren Zeitraum zu machen, merkt schnell: Hier sind Disziplin und Struktur gefordert. Das sind zwei Tugenden, die in meinem Berufsleben seit jeher eine sehr wichtige Rolle spielen. Fachlich gesehen, hilft mir die Kombination aus Ingenieursdenken und Businessperspektive immer wieder. Wenn man ein technisches Verständnis mitbringt, bekommt man bei der wirtschaftlichen Betrachtung eines Unternehmens ein ganz anderes Gefühl für die Produkte und Dienstleistungen, die die Mitarbeiter oft mit Hingabe und Leidenschaft erarbeiten. Gerade in der heutigen Zeit, in der die Frage nach Orientierung und dem so genannten „Purpose“ eines Unternehmens immer stärker in den Vordergrund rückt, ist das sehr hilfreich.

Welche Bedeutung hat für Sie als Wirtschaftsingenieur der Faktor Interdisziplinarität?
Interdisziplinarität ist einer der wichtigsten Faktoren in der Arbeitswelt und weit darüber hinaus. Angesichts der neuen Technologien und des rasanten Tempos, in dem sie unsere Welt verändern, kommt man mit Scheuklappen-Denken nicht weiter. Hier sind verschiedene Perspektiven gefragt. Denn Vielfalt ist ein Treiber für Innovation, das haben wir bei BCG sogar empirisch belegt. Die Bedeutung von Vielfalt gilt dabei nicht nur für Disziplinen, sondern für viele Facetten wie Herkunft, Geschlecht oder Kultur.

Sind aus Ihrer Sicht Absolventen und Professionals mit einem weiten Horizont momentan besonders gefragt?
Zunächst einmal bin ich davon überzeugt, dass die meisten Studenten keinen limitierten Horizont haben. Ich erlebe immer wieder aufs Neue, dass es nicht vom Studiengang abhängt, wie aufgeschlossen jemand ist. Wer bereit ist, offen an Dinge heranzugehen, verlässt die Uni mit einem weiten Horizont. Und das ist wichtig. Natürlich brauchen wir Spezialisten und Experten in bestimmten Gebieten. Wer seine Fähigkeiten aber auch auf Problemstellungen aus anderen Bereichen anwenden kann, hat einen viel größeren Hebel, sein Know-how gewinnbringend einzusetzen.

Stichwort weiter Horizont: Welches Thema beschäftigt Sie gerade besonders und warum?
Klimaschutz und Artenvielfalt stehen ganz oben auf der Agenda. Die Frage, wie wir unsere Lebensweise und unser Wirtschaften nachhaltig gestalten, ist eine der drängendsten unsere Zeit. Das zeigen nicht zuletzt die Fridays-for-Future-Proteste und die Ergebnisse der jüngsten Wahlen und Umfragen.
Stichwort weiter Horizont: Das Thema beschäftigt mich schon seit einiger Zeit, unter anderem in meiner Rolle als Verwaltungsratsmitglied der Senckenberg-Stiftung. BCG hat mit der Studie „Klimapfade für Deutschland“ erarbeitet, ob und wie sich die Klimaziele erreichen lassen. Mit eindrucksvollen Ergebnissen. Die notwendigen Technologien gibt es bereits und Deutschland kann sich den Klimaschutz nicht nur leisten, sondern könnte davon sogar wirtschaftlich profitieren – wenn wir jetzt entschlossen handeln.
Wir müssen die Dinge systemisch betrachten, also alle möglichen Hebel gleichzeitig bewegen. Beispielsweise ist die Diskussion, mit welchem Strom die Batterie eines Elektroautos geladen wird, nicht zielführend: Wir müssen so schnell es geht möglichst viele Elektroautos auf die Straßen bringen und parallel konsequent die Energiewende vorantreiben. Nur so haben wir eine Chance, mittelfristig den Schritt in die Elektromobilität zu schaffen – mit Batterien, die mit grünem Strom geladen werden!

Von welcher technischen und/oder gesellschaftlichen Entwicklung erwarten Sie in den kommenden fünf bis zehn Jahren ein die Zukunft besonders prägendes Potenzial?
Wir leben in einer von Daten getriebenen Welt. Wir produzieren so viele Daten wie niemals zuvor – allein ein Internetstar wie Kim Kardashian produziert schon ohne Weiteres mehr als 0,5 Gigabyte pro Tag. Ein intelligentes Auto, das über Sensoren und Kameras Daten sammelt, schafft täglich sage und schreibe 30 Terabyte. Und genau hier beginnt die eigentliche Datenexplosion. Denn die Vernetzung von Dingen nimmt erst richtig Fahrt auf. Jeden Tag werden 5,5 Millionen neue Gegenstände mit dem Internet der Dinge verbunden. Darin liegt eine riesige Chance für Deutschland mit seiner industriellen Basis und den entsprechenden Maschinendaten – also wiederum auch eine riesige Chance für alle (Wirtschafts-) Ingenieure.
Es werden diejenigen erfolgreich sein, die es schaffen, diese Daten nicht nur zu sammeln, sondern sie greifbar zu machen, sie zu analysieren und darauf aufbauend neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Daher ist Digital & Analytics einer der Megatrends, der die Zukunft entscheidend prägen wird.

 

In den Sommerinterviews befragt der VWI in loser Folge Wirtschaftsingenieure und Wirtschaftsingenieurinnen, die wichtige Positionen in Industrie und Lehre innehaben, zu ihrem Blick auf das Berufsbild.

Beraterversammlung 2019

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Beraterversammlung 2019 – Professionals Edition

Von Jessica Rahn, VWI-Bundesteam

Die Hochschulgruppen-Beratung des VWI-Bundesteams organisiert in diesem Jahr in Berlin zum zweiten Mal eine Beraterversammlung. Vom 25. bis zum 27. Oktober 2019 können daran auch alle VWIler teilnehmen, die schon im Berufsleben stehen, Interesse an Beratung haben und ihr Netzwerk erweitern wollen. 2018 hatte die Beraterversammlung in Magdeburg Premiere. Auch in diesem Jahr werden im Rahmen dieses Events erfahrenen VWIlern Methoden und Konzepte der Beratung nähergebracht. Diese sollen sie dabei unterstützen, Hochschulgruppen zu beraten, die sich weiterentwickeln wollen. Die HG-Beratung dient der Stärkung der Hochschulgruppen und damit dem gesamten Verband.

Im vergangenen Jahr haben wir dabei die Kompetenzen einiger berufstätiger VWI-Mitglieder genutzt, die als Berater tätig sind und dementsprechend ihr Wissen und ihre Erfahrungen weitergeben konnten. Um diesen Austausch nicht nur den Teilnehmern der Beraterversammlung zu ermöglichen, möchten wir die Veranstaltung in diesem Jahr erweitern. Dazu zählt zum einen, dass parallel eine Fortbildung für die VWI-Trainer angeboten wird. Zum anderen wollen wir Berufstätigen, die an Beratungsthemen interessiert oder in diesem Bereich tätig sind, die Möglichkeit geben, in diesem Rahmen an einem gemeinsamen Austausch teilzunehmen.

Neben den Abendveranstaltungen finden sich weitere Gelegenheiten zum Networking und fachlichem Austausch im Open Space am Samstagvormittag. Der Open-Space-Slot wird aufgrund der thematischen Ergänzung zur Beraterversammlung zum Thema „Erfahrungen in der Beratung – zwischen Methoden und Sinnhaftigkeit“ stattfinden.

Beraterversammlung mit flexiblem Konzept

Generell möchten wir die Veranstaltung für euch so flexibel wie möglich gestalten. Aus diesem Grund könnt ihr bei der Anmeldung über den untenstehenden Link einzelne Blöcke auswählen, an denen ihr teilnehmen möchtet. Die Unterbringung muss selbst organisiert werden. Genauere Informationen zu günstig gelegenen Unterkünften erhaltet ihr nach der Anmeldung.

Für das Freizeitprogramm stehen die Optionen Exit Game und Craft Beer Tasting zur Auswahl. Ihr könnt im Laufe der Anmeldung zwischen beiden wählen, sodass dieser Block entsprechend der Antworten gestaltet wird. Die Kosten der Veranstaltung werden sich auf eine Pauschale von 50 Euro belaufen plus voraussichtlich 25 Euro für das Freizeitprogramm. Für Fragen und Anregungen können sich alle Interessenten an Jessica Rahn wenden.

Anmeldungen zur Beraterversammlung 2019 – Professionals Edition sind bis zum 31. Juli 2019 möglich.

Strukturwandel durch Digitalisierung

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Strukturwandel in der Arbeitswelt analysiert

Umbrüche in der Arbeitswelt sind nichts Neues. Beispiele sind die industrielle Revolution im 19. Jahrhundert, die Etablierung von Robotern und Computern in der Arbeitswelt des 20. Jahrhunderts und aktuell die Einführung neuer vernetzter digitaler Technologien. Mit jedem Strukturwandel wurden Stimmen laut, die vor dem Verlust von Arbeitsplätzen warnten. „Fortschritt macht arbeitslos“, titelte beispielsweise der Spiegel im Jahr 1978 zum Thema Computer-Revolution.

Zu einem differenzierteren Ergebnis kommt allerdings das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB). Zwei IAB-Forscher, der Volkswirt Hermann Gartner und der Wirtschaftsingenieur Heiko Stüber, haben den Strukturwandel des deutschen Arbeitsmarktes seit den 70er Jahren analysiert. „Es ist zwar richtig, dass neue Technologien zu einem Abbau von Arbeitsplätzen in bestimmten Berufen oder Industrien führen können“, so die Forscher: „Jedoch sorgen neue Technologien zugleich für einen Arbeitsplatzaufbau in anderen Berufen oder Industrien.“ Der deutsche Arbeitsmarkt habe den Strukturwandel seit den 70er Jahren bislang alles in allem ausgleichen können. Auf längere Sicht betrachtet seien etwa in dem Maß, in dem Arbeitsplätze abgebaut wurden, auch neue entstanden.

Strukturwandel führt zu qualitativen Veränderungen

„Technischer Fortschritt hat in Deutschland bislang nicht zu weniger Arbeit geführt, sondern zu einer Umschichtung von Arbeitsplätzen und Arbeitskräften“, schreiben Gartner und Stüber. Für Hochqualifizierte seien sogar mehr Arbeitsplätze hinzu gekommen als verschwunden. Für Geringqualifizierte seien dagegen weniger Stellen entstanden als abgebaut wurden. Die technologische Entwicklung sei also mit einer qualitativen Veränderung des Bedarfs an Arbeitskräften verbunden gewesen.

Bezogen auf die aktuelle Digitalisierungsdebatte rund um Industrie 4.0 erwarten die Forscher, dass auch dieses Mal das Beschäftigungsniveau in Deutschland unterm Strich nicht sinken wird. Das IAB prognostiziert allerdings große Umbrüche: Durch die Digitalisierung werden demnach rund 1,5 Millionen Stellen wegfallen, jedoch in ähnlichem Umfang auch neue entstehen. „Dass neu entstehende Arbeitsplätze oft ein anderes Anforderungsniveau aufweisen als die weggefallenen Arbeitsplätze, ist mit ein Grund, dass es immer ein bestimmtes Maß an Mismatch-Arbeitslosigkeit gibt“, so die Forscher. Qualifizierung sowie professionelle Beratung und Vermittlung seien deshalb von zentraler Bedeutung, damit die Beschäftigten mit den Herausforderungen der Digitalisierung und dem damit einhergehenden Strukturwandel schritthalten können.

Ralf Feierabend ConMoto

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Sommerinterview: Ralf Feierabend, ConMoto

ConMotos Geschäftsführender Gesellschafter Dr.-Ing. Ralf Feierabend gründete die Unternehmensberatung 1990 in München. Der Wirtschaftsingenieur arbeitete von 1980 bis 1986 für die Robert Bosch GmbH in Stuttgart in verschiedenen Führungspositionen. Von 1987 bis 1990 war er Direktor Logistik bei der Bosch Siemens Hausgeräte GmbH in München. Ralf Feierabend ist Experte für die Themen Strategie, Technologiemanagement, Prozessoptimierung und Restrukturierung.

Herr Feierabend, warum haben Sie Wirtschaftsingenieurwesen studiert?
Ich habe mit zwei Semestern Maschinenbau in Hannover angefangen. Aber das war mir zu einseitig. Ich wollte nie Spezialist für eine ganz bestimmte Aufgabe sein, sondern immer ganzheitlich-unternehmerisch an Aufgaben herangehen.

Welche Skills, die Sie im Studium erlernt haben, waren für Ihren Werdegang besonders wichtig?
Zum einen habe ich an der Technischen Universität Berlin genügend Grundkenntnisse im Maschinenbau mitbekommen, um mit den Technikern halbwegs auf Augenhöhe diskutieren zu können. Zum anderen war die Logistik für meinen beruflichen Start bei Bosch von herausragender Bedeutung. Ich hatte ja das Glück, als einer der ersten bei Prof. Helmut Baumgarten dieses Thema vertiefen zu können. Auf diesem Feld bestand in der Industrie großer Nachholbedarf. Ich habe dadurch sehr schnell Führungsaufgaben übernehmen können. Auch als ich 1990 die ConMoto Strategie & Realisierung gegründet habe, war die Logistik das Fundament für den Erfolg.

Welche Bedeutung hat für Sie als Wirtschaftsingenieur der Faktor Interdisziplinarität?
Grundsätzlich werden wirtschaftlich erfolgreiche Lösungen interdisziplinär entwickelt. Wirtschaftsingenieure sind aufgrund ihrer interdisziplinären Ausbildung geborene Moderatoren zwischen den unterschiedlichen Fachrichtungen. Die Japaner haben uns gelehrt, dass viele deutsche Produkte in der Vergangenheit zu komplex und zu teuer konstruiert waren. Das machen wir heute besser. ConMoto hilft Unternehmen bereits in der Entwicklungsphase eines Produktes, systematisch kostenoptimierte Lösungen zu finden. Das geht nur interdisziplinär.

Sind aus Ihrer Sicht Absolventen und Professionals mit einem weiten Horizont momentan besonders gefragt?
Ein weiter Horizont hat noch nie geschadet! Gefragt sind Absolventen und Professionals, die vermeintlich komplexe Themen so „zerlegen“ können, dass die verbleibende Komplexität beherrschbar ist. Ich bin seit fast 30 Jahren Unternehmensberater. Dieser Beruf verlangt, dass man sich sehr schnell in unterschiedliche Aufgabenstellungen hineindenken kann. Die Fachleute mit der tiefen spezifischen Expertise sitzen auf der Kundenseite. Deren Know-how muss eher in der Breite als in der Tiefe ergänzt werden.

Stichwort weiter Horizont: Müssen Unternehmen umdenken und neben einer interdisziplinären Arbeitsweise auch Faktoren wie Vielfalt oder Diversität mehr berücksichtigen?
Wir sind Unterzeichner der Charta der Vielfalt. Diversität in vielfacher Form ist für uns ein Schlüssel zum Erfolg! Wir haben bei insgesamt rund 90 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern etwa 20 Muttersprachen bei ConMoto. Darunter sind auch sehr unterschiedliche Berufe. Gerade berufliche „Außenseiter“, wir hatten sogar schon Mediziner, haben häufig einen ganz besonderen Zugang zu guten Lösungen. Die richtige Mischung zwischen Jung und Alt ist ebenfalls wichtig.
Frauen im Team sind definitiv ein Vorteil. Im Moment haben wir leider mal wieder eine Phase, in der relativ wenige Frauen bei uns arbeiten. Wir kümmern uns darum, das zu ändern. Zum Beispiel bietet ConMoto seinen Beraterinnen und Beratern ein flexibles Arbeitszeitmodell an, das die freie Wahl zwischen einer Vier-Tage-Woche und einer Fünf-Tage-Woche ermöglicht – bei gleichem Grundgehalt. So können unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Arbeitszeit nach Bedarf an ihre Lebenssituation anpassen. Wir sind zuversichtlich, dass uns dieses Arbeitszeitmodell zu einem besonders interessanten Arbeitgeber macht.

Von welcher technischen und/oder gesellschaftlichen Entwicklung erwarten Sie in den kommenden fünf bis zehn Jahren ein die Zukunft besonders prägendes Potenzial?
Ganz klar – die Digitalisierung wird die Zukunft prägen. Alles, was digitalisiert werden kann, wird digitalisiert werden. Die Smart Factory ist im Aufbau. Deshalb müssen Unternehmen jetzt eine Digitalisierungsstrategie entwickeln oder sie werden zu den Verlierern gehören. Genau für diese Strategie- und Umsetzungsthemen brauchen Unternehmen die Methodenkompetenz und den Sachverstand von Wirtschafsingenieuren.

In den Sommerinterviews befragt der VWI in loser Folge Wirtschaftsingenieure und Wirtschaftsingenieurinnen, die wichtige Positionen in Industrie und Lehre innehaben, zu ihrem Blick auf das Berufsbild.

Umsicht Wissenschaftspreis 2019

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Umsicht-Wissenschaftspreis für WiIng Kai Mainzer

Bereits 2018 hat ein Wirtschaftsingenieur den Umsicht-Wissenschaftspreis erhalten: Dr. Stefan Kippelt bekam damals die Auszeichnung für seine Dissertation „Dezentrale Flexibilitätsoptionen und ihr Beitrag zum Ausgleich der fluktuierenden Stromerzeugung Erneuerbarer Energien“. In diesem Jahr, in dem der Umsicht-Förderverein den Preis zum zehnten Mal vergibt, geht die Auszeichnung an Dr. Kai Mainzer. Der Wirtschaftsingenieur wurde für seine Dissertation „Analyse und Optimierung urbaner Energiesysteme – Entwicklung und Anwendung eines übertragbaren Modellierungswerkzeugs zur nachhaltigen Systemgestaltung“ prämiiert.

Kai Mainzer hat am KIT Wirtschaftsingenieurwesens studiert und seine Diplomarbeit zum Thema „Preissenkungsstrategien für dynamische Stromtarife“ verfasst. 2012 ging es für ihn an den Lehrstuhl für Energiewirtschaft am KIT. Seit Oktober 2018 leitet der promovierte Wirtaschaftsingenieur die Forschungsgruppe Erneuerbare Energien und Energieeffizienz.

In seiner ausgezeichneten Promotion hat Kai Mainzer ein Modell entwickelt, das automatisierte Analysen unter anderem zur Bestimmung der Energienachfrage und der Potenziale für erneuerbare Energien erlaubt. Denn insbesondere kleinen Gemeinden fehlt es oft an Know-how, um lokale Potenziale zur Emissionsminderung zu erkennen und geeignete Maßnahmen zu identifizieren, die der Erreichung der eigenen Nachhaltigkeitsziele dienen. Bei Mainzers Modell werden sowohl die Investitions- als auch die Einsatzplanung für Energieumwandlungstechnologien auf der Angebots- und Nachfrageseite berücksichtigt. Einen besonderen Wert bei der Entwicklung des Modells namens „RE3ASON“ (Renewable Energies and Energy Efficiency Analysis and System Optimization) legte Mainzer auf die Übertragbarkeit der einzelnen Methoden, damit diese in möglichst vielen Städten und Gemeinden angewendet werden können.

Der Förderverein will mit dem Preis Menschen auszeichnen, die hervorragende industrie- und marktnahe Forschung leisten. Besonderes Augenmerk bei der Beurteilung liegt der Jury zufolge auf dem fachwissenschaftlichen Niveau und dem nachhaltigen Nutzen der Arbeit für Umwelt und Gesellschaft. Spezieller Wert wird demnach auf den Innovationsgrad, die Markt- und Anwendungsnähe sowie auf eine gut verständliche und überzeugende Darstellung gelegt. Neben Dissertationen können Abschlussberichte, Studien, aber auch Whitepaper etc. eingereicht werden.

Amazon

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Amazon ist branchenübergreifend allgegenwärtig

Amazon wächst und wächst und ist inzwischen branchenübergreifend allgegenwärtig. Unabhängig von dem Unternehmen ist nach Zahlen des IfH Köln nur noch ein Viertel der Onlineumsätze. Und auch der Einfluss auf den stationären Handel ist durch die zunehmende Vorabinformationssuche immer deutlicher zu spüren. Denn als häufig angesteuerte Inspirationsquelle und intensiv genutzte Produktsuchmaschine ist der Online-Anbieter der Dreh- und Angelpunkt für relevante Informationen. In seiner Studie „Gatekeeper Amazon – Vom Suchen und Finden des eigenen Erfolgswegs“ nimmt das IfH Köln die Handelsaktivitäten des Onlineriesen und seinen Einfluss auf die Kaufentscheidungen der Konsumenten detailliert unter die Lupe.

Amazon beeinflusst auch den stationären Handel

Wie die Studie zeigt, generiert Amazon seine Wachstumsimpulse zurzeit vor allem aus dem Marktplatzgeschäft. Das Eigenhandelsgeschäft ist demnach 2018 nur um 2,2 Prozent gewachsen. Doch das Unternehmen ist nicht nur branchenübergreifend allgegenwärtig, sondern längst auch kein reines Online-Phänomen mehr. Die Studie zeigt detailliert auf, wie stark sein Einfluss auf die gesamte deutsche Handelslandschaft ist. Und dieser Einfluss wächst massiv, so die Studie: Rund 31 Prozent aller Umsätze im Nonfood-Bereich – egal ob online oder stationär – sind den Zahlen zufolge schon heute von der Plattform abhängig. Ganze sieben Prozent sind Umsatz des Handelsriesen selbst, die übrigen 24 Prozent entfallen auf Umsätze, die direkt von ihm beeinflusst werden – zum Beispiel durch die Informationssuche auf der Onlineplattform. Selbst in der Fashion-Branche ist rund ein Viertel des Marktvolumens von Amazon abhängig. In anderen Branchen fällt dieser Anteil deutlich höher aus.

Preise, Bewertungen, Empfehlungen

Aus Sicht der Studienautoren hängt die Abhängigkeit der Handelsumsätze in erster Linie mit dem veränderten Informationsverhalten der Kundschaft zusammen. So nutzen immer mehr Menschen sowohl vor dem Onlinekauf als auch vor dem stationären Kauf Amazon als Informationsquelle – die Studie zeigt, dass durchschnittlich 60 Prozent der Onlinekäufe und 27 Prozent aller stationären Käufe eine entsprechende Recherche vorausgeht. Im Bereich „CE & Elektro“ ist demnach dieses Verhalten besonders ausgeprägt: Bei rund 67 Prozent der Onlinekäufe und 44 Prozent der Anschaffungen im stationären Handel wird vorab auf der Plattform recherchiert. Vor dem Kauf werde Amazon vor allem als Preisanker, als Informationsquelle für Produktbewertungen und für Produktempfehlungen genutzt. Vor allem die Kundenbewertungen der Community liegen demnach hoch im Kurs, und auch Bestseller und Choice-Produkte genießen einen hohen Vertrauensvorschuss.

Insgesamt, so das IfH Köln, steigt der Anteil der Onlineinformationssuche bei Amazon in der Mehrheit der Branchen teilweise deutlich an. Der Einfluss des Online-Unternehmens auf den gesamten Handel nehme dadurch weiter zu.

Autobauer für mehr Elektromobilität

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Deutsche Autobauer wollen massiv in Elektromobilität investieren

Um die Emissionen im Verkehrssektor zu senken, wollen deutsche Autobauer bis 2023 ihr Angebot an Elektroauto-Modelle verfünffachen. Triebfeder ist vor allem die Politik, denn Deutschlands CO2-Emissionen sinken zu langsam. Das führte der Projektionsbericht 2019, den das Bundesumweltministerium im Mai in Berlin vorlegte, deutlich vor Augen. Schon im jüngsten Klimaschutzbericht hatte ein Gutachterkonsortium darauf aufmerksam gemacht, dass die Maßnahmen im Verkehrssektor nicht greifen. Und auch EU-weit ist der Verkehr der einzige Sektor, in dem seit 1990 kein signifikanter Rückgang der Treibhausgasemissionen verzeichnet wurde.

Vor diesem Hintergrund wundert es nicht, dass die EU in diesem Jahr ehrgeizige Vorschriften zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen von Pkw und Transportern festgelegt hat. Bis 2030 sollen demnach die flottenweiten CO2-Emissionen von Neuwagen um 37,5 Prozent im Vergleich zu 2021 sinken; bis 2025 gilt ein Reduktionsziel von 15 Prozent. Das CO2-Reduktionsziel für neue Transporter liegt bei 31 Prozent bis 2030. Hersteller, deren Flottenemissionen die Grenzwerte überschreiten, sollen eine Abgabe für alle zusätzlichen CO2-Emissionen zahlen.

Autobauer fordern Unterstützung seitens der Politik

Angesichts der ungebrochen hohen Absatzzahlen für Neuwagen in der EU – der Verband der Automobilindustrie (VDA) rechnet für 2019 mit etwa 15,5 Millionen – setzen die CO2-Flottengrenzwerte die Autobauer spürbar unter Druck. Denn dass die neuen Modelle immer weniger CO2 ausstoßen, reicht nicht aus. „Um die sehr ehrgeizigen CO2-Flottengrenzwerte der EU für 2030 zu erreichen, ist die schnelle Marktdurchdringung von E-Fahrzeugen notwendig“, sagte VDA-Präsident Bernhard Mattes jetzt bei der Halbjahres-Pressekonferenz des Verbandes in Berlin. Auch wenn das in Brüssel nicht so laut gesagt werde, so Mattes: „Fakt ist, dass diese Flottengrenzwerte erstmals implizit auch eine Technologievorgabe enthalten, mit der die Ziele erreicht werden können.“

Mattes zufolge steht daher in den kommenden Jahren die Elektromobilität, rein batterieelektrisch und als Plug-in-Hybrid, im Fokus der Transformation der Automobilindustrie. Mattes: „Im Jahr 2030 müssen in Deutschland sieben bis 10,5 Millionen E-Autos im Bestand auf der Straße sein. Das ist nur bei hoher Kundenakzeptanz und optimalen Rahmenbedingungen möglich – und alles andere als ein Selbstläufer.“ Die Industrie werde in den kommenden drei Jahren 40 Milliarden Euro in Forschung und Entwicklung alternativer Antriebe investieren und bis 2023 ihr Modellangebot auf über 150 E-Modelle verfünffachen.

Von der Politik erwartet der VDA-Präsident nun ebenfalls „entsprechende Anstrengungen“, beispielsweise beim Aufbau der Infrastruktur, für den die Automobilindustrie nicht im Alleingang verantwortlich sein könne. Schließlich gehe es nicht nur um eine neue Antriebsart, sondern auch um einen „politisch-gesellschaftlich getriebenen Systemwechsel“. Daher müsse die Ladeinfrastruktur im öffentlichen und privaten Raum muss rasch, nachhaltig und flächendeckend ausgebaut werden. Für Mattes sind bis zum Jahr 2030 eine Million öffentliche Ladepunkte notwendig, außerdem 100.000 Schnellladepunkte und mehrere Millionen private Ladepunkte. Außerdem müssten Hemmnisse in den Bereichen Miet- und Wohneigentumsrecht sowie Energiewirtschaftsrecht abgebaut werden. Ein Masterplan, den der VDA „zeitnah“ gemeinsam mit Politik und Gewerkschaften erarbeiten will, soll alle Punkte zusammenfassen. Mattes: „Entscheidend ist koordiniertes Vorgehen auf allen Ebenen.“

Umfrage Berufsbilduntersuchung

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Unternehmen: Umfrage zur Berufsbilduntersuchung 2019

Seit 1972 führt der Verband Deutscher Wirtschaftsingenieure e. V. regelmäßige Untersuchungen zum Berufsbild des Wirtschaftsingenieurs durch. Das „Berufsbild Wirtschaftsingenieurwesen in Ausbildung und Praxis“ erscheint alle vier Jahre und gilt als das Standardwerk für das Wirtschaftsingenieurwesen. Die Berufsbilduntersuchung bietet allen Interessierten vielfältig aufbereitete Informationen rund um den Studiengang und hat zum Ziel, das Berufsbild des Wirtschaftsingenieurs aus allen relevanten Perspektiven detailliert darzustellen. Für jede neue Auflage werden zahlreiche Hochschulen, Unternehmen, berufstätige Wirtschaftsingenieure und Studierende des Wirtschaftsingenieurwesens befragt.

2019 soll die 15. Auflage der Berufsbilduntersuchung erscheinen. Vor diesem Hintergrund bittet das Autorenteam Unternehmen beziehungsweise Beschäftigte von Personalabteilungen, an einer Online-Umfrage teilzunehmen. Diese wird weniger als 15 Minuten in Anspruch nehmen; über einen individuellen Zugangslink kann die Umfrage jederzeit unterbrochen und zu einem späteren Zeitpunkt fortgesetzt werden. Alle Angaben dienen ausschließlich statistischen Zwecken.

Berufsbilduntersuchung: Job-Anforderungen konkretisieren

Damit die Ergebnisse der Umfrage so detailliert und aussagekräftig wie möglich sind, ist der VWI auf die Mithilfe möglichst vieler Unternehmen beziehungsweise Beschäftigter in Personalabteilungen angewiesen. Bitte helfen Sie uns durch Ihre Teilnahme an der Umfrage, die Anforderungen der modernen Berufswelt an Wirtschaftsingenieure darzustellen. Von den Erkenntnissen dieser Untersuchung profitieren auch die Studierenden des Wirtschaftsingenieurwesens und werden so in die Lage versetzt, sich optimal auf den Berufseinstieg vorzubereiten.

Leitfaden, Ethik-Leitlinien für KI

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Ethik-Leitlinien für Künstliche Intelligenz

Weitere Ethik-Leitlinien für die Entwicklung vertrauenswürdiger Künstlicher Intelligenz hat jetzt eine von der EU-Kommission berufene unabhängige Expertengruppe vorgelegt. Dabei handelt es sich um insgesamt 33 Anforderungen, die einen auf den Menschen ausgerichteten Ansatz in der Künstlichen Intelligenz unterstützen und zudem berücksichtigen sollen, dass KI zu den transformativsten Technologien für Innovation und Produktivität zählt. Die aktuellen Empfehlungen ergänzen die Ethik-Leitlinien, welche die Expertengruppe bereits im April veröffentlicht hatte.

Unternehmen können Ethik-Leitlinien bewerten

Um die Ethik-Leitlinien zu prüfen und weiterzuentwickeln, können Unternehmen und Organisationen in der gesamten EU nun die Bewertungsliste für die Schaffung vertrauenswürdiger KI, die Teil der Leitlinien sind, testen. Wie die EU-Kommission mitteilt, haben bereits mehr als 300 Organisationen ihr Interesse bekundet. Die Online-Umfrage läuft bis zum 1. Dezember 2019. Die Ergebnisse sollen dann Anfang 2020 veröffentlicht werden.

Die EU-Kommission betont, dass eine vertrauenswürdige künstliche Intelligenz alle geltenden Gesetze und Vorschriften einhalten und eine Reihe von Anforderungen erfüllen muss. Spezifische Bewertungslisten sollen dazu beitragen, die Erfüllung der einzelnen Kernanforderungen zu überprüfen:

  • Vorrang menschlichen Handelns und menschlicher Aufsicht: Systeme künstlicher Intelligenz sollten gerechten Gesellschaften dienen, indem sie das menschliche Handeln und die Wahrung der Grundrechte unterstützen‚ keinesfalls aber sollten sie die Autonomie der Menschen verringern, beschränken oder fehlleiten.
  • Robustheit und Sicherheit: Eine vertrauenswürdige künstliche Intelligenz setzt Algorithmen voraus, die sicher, verlässlich und robust genug sind, um Fehler oder Unstimmigkeiten in allen Phasen des Lebenszyklus des Systems künstlicher Intelligenz zu bewältigen.
  • Privatsphäre und Datenqualitätsmanagement: Die Bürgerinnen und Bürger sollten die volle Kontrolle über ihre eigenen Daten behalten, und die sie betreffenden Daten sollten nicht dazu verwendet werden, sie zu schädigen oder zu diskriminieren.
  • Transparenz: Die Rückverfolgbarkeit von Systemen künstlicher Intelligenz muss sichergestellt werden.
  • Vielfalt, Nichtdiskriminierung und Fairness: Systeme künstlicher Intelligenz sollten dem gesamten Spektrum menschlicher Fähigkeiten, Fertigkeiten und Anforderungen Rechnung tragen und die Barrierefreiheit gewährleisten.
  • Gesellschaftliches und ökologisches Wohlergehen: Systeme künstlicher Intelligenz sollten eingesetzt werden, um einen positiven sozialen Wandel sowie die Nachhaltigkeit und ökologische Verantwortlichkeit zu fördern.
  • Rechenschaftspflicht: Es sollten Mechanismen geschaffen werden, die die Verantwortlichkeit und Rechenschaftspflicht für Systeme künstlicher Intelligenz und deren Ergebnisse gewährleisten.