Marc-André Dittrich hat die Otto-Kienzle-Gedenkmünze der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Produktionstechnik (WGP) erhalten. Der promovierte Wirtschaftsingenieur beschäftigt sich mit sich selbst optimierenden Maschinen. „Seine extrem schnelle Auffassungsgabe und vor allem sein interdisziplinärer Blick auf die Dinge hat eine ganze Bandbreite an Innovationen nach sich gezogen“, so Berend Denkena, WGP-Vizepräsident und Leiter des Instituts für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen (IFW) der Leibniz-Universität Hannover: „Insbesondere bei sich selbst optimierenden Fertigungssystemen hat er eine Schnittstelle zur Informatik geschaffen. Neben grundlegenden Aspekten konnten wir durch seine Arbeiten vor allem bei der praktischen Umsetzung der Systeme einen großen Schritt nach vorne machen.“
„Wir schauen als Fertigungstechniker noch zu oft nur darauf, was allein aus der Mechanik machbar wäre“, sagt dazu Marc-André Dittrich. Ein interdisziplinärer Ansatz hingegen eröffne neue Möglichkeiten. Mit Blick auf die Digitalisierung sei es beispielsweise notwendig, sich mehr an der Informatik auszurichten, etwa beim Machine Learning. Der Wirtschaftsingenieur treibt das Arbeiten an den Schnittstellen der verschiedenen Fachrichtungen als Leiter des IFW-Bereichs „Produktionssysteme“ voran. Hier wird an der Optimierung von Fertigungssystemen und deren Steuerung geforscht. Im Exzellenzcluster „PhoenixD“ führt Dittrich darüber hinaus eine Task Group, die sich mit Qualitätsregelkreisen in der Fertigungstechnik beschäftigt: „Daten aus der Fertigung müssen intelligent miteinander verknüpft werden, um zu selbstlernenden Systemen zu kommen, die auch bei kleinsten Losgrößen eine effiziente Fertigung gewährleisten.“
Im Sonderforschungsbereich SFB 1368, in dem es um Grundlagenforschung zu sauerstofffreien Produktionsprozessen geht und der seit 2020 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert wird, leitet Dittrich zudem ein Teilprojekt zur Zerspanung. „Wir werden untersuchen, was genau passiert, wenn ohne Sauerstoff zerspant wird: Was passiert an der Schneidkante? Wie wirkt sich das auf die Späne aus beziehungsweise auf den Werkzeugverschleiß?“ Seine Aufmerksamkeit will der Nachwuchswissenschaftler unter anderem auf Titanspäne richten. Titan ist teuer und nicht recycelte Späne sind extreme Verschwendung. „Das IFW arbeitet bereits an Recyclingmethoden, aber das Potenzial zur Wiederverwendung hängt auch mit dem Grad der Oxidation zusammen. Wir wollen Titanspäne direkt recycelbar machen.“ Gerade hat Dittrich außerdem noch die Leitung eines Arbeitskreises übernommen – im neuen DFG-Schwerpunktprogramm „FluSimPro“. Dabei geht um den effizienten Einsatz von Kühlschmierstoffen und die Simulation der Fluiddynamik – noch ein interdisziplinärer Bereich mit Schnittstellen zu anderen Fachdisziplinen.
Digitalisierung, Nachhaltigkeit, Prozessrobustheit – der thematische Bogen bei Dittrichs Forschungen ist weit gespannt. Interdisziplinarität ist sein Leitbild. „Ich hatte schon in der Schule keine Lieblingsfächer, weil mich alles interessiert hat“, so der Preisträger. Und was ist der nächste Schritt? „Zunächst möchte ich meine Habilitation an der Leibniz Universität Hannover abschließen“, sagt Dittrich. „Perspektivisch kann ich mir sowohl eine Tätigkeit in der Wirtschaft als auch in der Forschung vorstellen.“