Industrielle Abwärme: Mit Kolbenmaschine zu mehr Strom

Beitragsbild: Empa

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Das Spin-off Etavalve will industrielle Abwärme mit Hilfe einer neu entwickelten Kolbenmaschine künftig effizienter nutzen, als es mit heute gängigen Methoden möglich ist, die mit Turbinen arbeiten. Da Zylinder und Kolben einen geschlossenen Raum bilden, erfolgen Kompression und Expansion des Prozesses in beinahe idealer Weise, was eine äußerst hohe Energieausbeute ermöglicht. Die Abwärme wird über die Kolben in mechanische Kraft umgewandelt, mit der schließlich Strom erzeugt wird. Aber erst dank einer neuartigen flexiblen Steuerung der Ventile wird dieser Prozess überhaupt umsetzbar.

Entstanden ist die Idee bei einem anderen Empa-Projekt, bei dem über Jahre hinweg an einer innovativen Ventilsteuerung für Verbrennungsmotoren gearbeitet wurde. Ergebnis: Elektrohydraulisch betätigte Ventile ermöglichen es, den Gaswechsel viel flexibler als bei herkömmlicher Nockenwellentechnologie zu gestalten. In einem Ottomotor ließ sich der Treibstoffverbrauch so im typischen Normalbetrieb für Pkw um rund 20 Prozent senken. Mittlerweile wird dieser Ansatz für treibstoff-flexible Motoren von Nutzfahrzeugen zusammen mit einem Lkw-Hersteller weiterentwickelt.

An dem Einsatz dieser Technologie im Bereich industrielle Abwärme arbeitet nun Etavalve, ein Spin-off der Empa und der ETH Zürich. Turbinen sind den Gründern Andyn Omanovic, Patrik Soltic und Wolfgang Schneider zufolge vor allem für hohe Temperaturen und bei Leistungsanforderungen von mehreren hundert Megawatt effektiv. Für Temperaturbereiche von etwa 500 bis 900 Grad, bei denen die Abwärme unregelmässig anfällt, und bis zum Leistungsbereich von einigen Megawatt sei Etavalves Kolbenmaschine besser geeignet. Das Potenzial ist hoch: Für Deutschland beispielsweise wurde 2016 die Menge der industriellen Abwärme über 300 Grad auf rund 10 Terawattstunden pro Jahr beziffert.

Als aussichtsreich gilt auch die Nutzung von Abwärme aus Pyrolyseanlagen, die Biomasse in Pflanzenkohle verwandeln, um Kohlenstoff dauerhaft zu binden. Dabei fällt als Nebenprodukt sogenanntes Schwachgas an, das Methan und gasförmige Schadstoffe enthält und nach dem Willen des Gesetzgebers verbrannt werden muss. Das geschieht zuweilen mit einer Gasfackel ohne jegliche Verwertung der Energie. Etavalve will auch diese Hitze nutzen, um mit der Kolbenmaschine Strom zu erzeugen. Bis Anfang 2025 soll für die Energieversorgerin IWB in Basel, die den Aufbau von Pflanzenkohle-Anlagen in der Schweiz vorantreibt, eine Pilotmaschine entstehen – ausgelegt und realisiert eigens für die spezifischen Eigenschaften der Abwärme, die bei der Pyrolyse anfällt. Rund ein Jahr später soll eine Kleinserie von Kolbenmaschinen an ein Unternehmen geliefert werden, das auf Anlagen für die Verbrennung von Schwachgasen aus Deponien oder der Biogasaufbereitung spezialisiert ist.

Die Etavalve-Gründer sind zuversichtlich, dass ihre Technologie in absehbarer Zeit auf den Markt kommen und dort bestehen kann – obwohl einige technische Details wie temperaturbeständige Materialien für die Maschine und die Regelungsstrategie für den thermodynamischen Prozess noch zu meistern sind. Immerhin lässt sich die erste Pilotmaschine schon fast kostendeckend herstellen und betreiben – den Gründern zufolgenicht selbstverständlich bei einer innovativen Technologie im aufwändigen Maschinenbau.

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