Forschung zu Weihnachten

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Weihnachten ist das Fest der Familie – und wird nicht selten von Stress und einem schief hängenden Haussegen überschattet. Das muss nicht sein, sagt Marcel Schütz, Inhaber der Stiftungs- und Forschungsprofessur für Organisation und Management an der NSB Northern Business School in Hamburg. Im Zentrum seiner Forschung steht die Gesellschaft und ihre Formen der Organisation, zudem arbeitet er derzeit an einem soziologischen Buch zum Weihnachtsfest, das im kommenden Jahr erscheint. In diesem Jahr gibt er schonmal einige Anregungen für die weihnachtlichen Tage bei und mit der Familie – gewissermaßen Tipps für das Erwartungsmanagement.

„Zu Weihnachten gibt es eine Art Erwartungsstau. Die kurze Zeit des Festes soll möglichst perfekt verbracht werden. Dass das mitunter anstrengend wird, liegt auf der Hand“, so Schütz. „Allgemein kann man sagen, dass viele erstmal in diesem Fest ankommen müssen. Und das nicht nur mit Auto und Zug nach vielleicht mehreren Stunden Fahrt in die Heimat – auch im übertragenen Sinne.“ Sein Rat: sich nicht sofort mit allen Plänen und Details behelligen, Freiräume und Rückzugsmöglichkeiten während der Festtage einräumen, sich nicht groß drängen und belagern.

Weil Familien häufig nur zu bestimmten Anlässen wie Weihnachten in dieser ganzen Konstellation zusammenfinden, gibt es natürlich den ein oder anderen Punkt, den einzelne Mitglieder besprechen möchten. „Hier muss man schauen, ob der Moment passt. Bei grundsätzlichen und politischen Themen können naturgemäß die alters- und lebensspezifisch unterschiedlichen Standpunkte hervortreten“, so Schütz. Er empfiehlt, kommunikativ auf Sicht zu fahren. Wenn man merkt, dass ein Thema Irritation und Ärger auslöst – lieber umgehen beziehungsweise konstruktiv abmoderieren. Man könne einander am Rande, optimalerweise erst am 27. Dezember, kurz zur Seite nehmen und Dinge persönlich klären. Selbst in der Familie werde es zur Zumutung, wenn man alles vor allen ausdiskutiere.

Das Familienfest zeichnet Schütz zufolge allerdings auch aus, dass alle zu Kompromissen bereit sind. Sonst wäre es ja kein Anlass der Gemeinsamkeit. „Man kann ein derart traditionsgetränktes Fest nicht für jeden Lebensstil und Geschmack genau passend aufziehen. Der eine hängt an der Weihnachtsmusik, der andere an der edlen Nordmanntanne. Die Kinder wollen Geschenke. Dem nächsten bedeutet all das nicht ganz so viel, dafür die freien Tage, die Gespräche und das Essen. Eine etwas oberflächliche Synchronisierung der Emotionen und Vorstellungen ist somit ziemlich normal.“

Sinnvoll sei es, sich zwanglos auf eine gute Mischung weihnachtlicher Beschäftigungen zu verständigen, etwa auf ein paar Basis-Rituale wie Gottesdienstbesuch, Weihnachtsessen, Spaziergang oder Gesellschaftsspiele. „Nennen wir es ‘Programmdiversifikation’ oder einfach Abwechslung: Der eine Teil verzieht sich zum Plausch, der andere Teil schaut einen Film; wieder andere wollen mal joggen, um den Kopf von all dem Kerzenduft und der Weihnachts-CD freizukriegen.“

Weihnachten, so der Gesellschafts- und Organisationsforscher weiter, bleibe im Kern eine ambivalente Sache. Das Fest lebe von einer gediegenen Form, von Maß und Mitte, Ruhe und Einkehr. In einer schnellen Zeit mit vielen gleichzeitigen Baustellen sei diese wiederkehrende Zäsur bemerkenswert. „Manches in unserer Kindheitsweihnacht kann ein Leben lang in der Erinnerung gegenwärtig bleiben. Auch dann, wenn die strahlenden Gesichter vergangener Zeit längst nicht mehr auf dieser Welt sind.“ Der Weihnachtszauber zwischen gestern, heute und morgen fasziniere die Menschen und mache sie zugleich nachdenklich. „’Somewhere in my memory’ – so heißt der Titelsong des Weihnachtsklassikers ‘Kevin allein zu Haus’. Das ist es, was viele zur Weihnacht spüren: Irgendwo in meiner Erinnerung, irgendwo ist da etwas geblieben, das verbindet.“

Schütz abschließend: „Ich denke, es kommt darauf an, dass man weiß, was einem die Tage bedeuten. Und dass man sich nach all dem Rennen und Rasen das ganze Jahr doch ein paar schöne, entspannte Momente gönnt, an die man sich noch lange erinnert. Man kann mit lauter Geschenken nicht so glücklich machen wie mit der Zeit, die man miteinander verbringt. Denn das wird man nicht immer haben.“

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