Mit technischen und sozialen Innovationen, die Wertschöpfungsketten in den kommenden Jahren radikal verändern könnten, hat sich ein internationales Forscherteam unter der Leitung des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung (ISI) befasst. Der Bericht des Radical Innovation Breakthrough Inquirer (RIBRI) hat 100 mögliche Innovationsdurchbrüche in Themenfeldern wie Künstlicher Intelligenz, Robotik oder Biomedizin identifiziert. Zu diesen Durchbrüchen zählen technische Entwicklungen wie biologisch abbaubare Sensoren oder 4D Printing ebenso wie gesellschaftliche Konzepte wie das Grundeinkommen oder die autofreie Stadt. Die Studie gibt zudem Hinweise, wie sich die EU darauf vorbereiten kann. Dazu gehören auch Schlussfolgerungen für die europäische Forschungs- und Innovationspolitik:
- Ein großer Teil der Radical Innovation Breakthroughs (RIBs) hat einen starken Bezug zu Künstlicher Intelligenz (KI). Innovationen wie Emotionserkennung, Schwarmintelligenz, Spracherkennung und Computational Creativity werden in allen Wirtschaftsbereichen – von der Landwirtschaft über Gesundheit bis zur Kreativwirtschaft – Wertschöpfungsketten drastisch verändern. Europa sollte sich daher für die erwartete Welle von KI-basierten Innovationen gut positionieren und frühzeitig Wege suchen, die daraus entstehenden Potenziale zu nutzen und gleichzeitig den Risiken entgegenzuwirken.
- Mehr als 40 Technologien, die heute nur gering ausgereift sind, werden bis 2038 in einer signifikanten Zahl von Anwendungen eingesetzt werden. Beispiele sind neuromorphe Chips, 4D Printing oder Hyperspektrale Bildanalyse. Eine kritische Auseinandersetzung mit möglichen Anwendungen dieser Technologien, beispielsweise für militärische Drohnen und Methanhydrat-Abbau, ist wichtig. Auch die damit möglicherweise verbundenen Disruptionen von Wertschöpfung muss die Politik im Auge behalten. Während Europa in einigen dieser hochdynamischen Bereiche wie etwa Bioplastik oder Techniken zur Nutzung von Marine- und Gezeitenkraft gut aufgestellt ist, liegt es in anderen wie der Nutzung der Biolumineszenz und dem Energy Harvesting zurück.
- Im Windschatten der Digitalisierung erwächst eine neue Welle des Wandels rund um Biotechnologie, Gesundheit und Nachhaltigkeit mit noch unklaren Konturen. Die globalen Nachhaltigkeitsziele (SDG) sind hier wichtige Treiber. Entscheidend wird sein, diese nächste Welle des Wandels gut zu verstehen und sicher zu stellen, dass geeignete Rahmenbedingungen und flankierende soziale Innovationen zeitnah zur Verfügung stehen.
- Künftige Wertschöpfungsketten werden in gleichem Maße von technischen und sozialen Innovationen beeinflusst werden, beispielsweise die Entwicklung alternativer Währungen, Gamification, lokale Nahrungsmittelkreisläufe und die verschiedenen Varianten eines bedingungslosen Grundeinkommens.
- Einige der radikalen Innovationen wie etwa Bioelektronik, Pflanzenkommunikation und künstliche Photosynthese weisen noch einen sehr geringen Reifegrad auf. Gleichzeitig können sich einige schon etwas reifere Technologien wie Hydrogele und Carbon Nanotubes als noch stärker disruptiv erweisen als erwartet. Hier ist ein koordiniertes Vorgehen der Innovations- und Industriepolitik gefordert.
Ziel der Studie ist dem Forscherteam zufolge unter anderem, mögliche Innovationspfade frühzeitig zu diskutieren und anzustoßen, damit möglichst viele Menschen in der EU von technischen und sozialen Durchbrüchen profitieren.
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