Fleischindustrie

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„Der Weihnachtsbraten aus dem Drucker ist keine Science Fiction mehr“, ist Professor Dr.-Ing. Matthias Lütke Entrup überzeugt. Der Wirtschaftsingenieur ist Hochschullehrer an der International School of Management (ISM). Als Experte für Operations Management in der Konsumgüterindustrie beschäftigt er sich seit Jahren mit den Herausforderungen der Milch- und Fleischindustrie entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Aus seiner Sicht wird die digitale Transformation die Fleischproduktion und unsere Vorstellung von „Fleisch“ stark verändern.

Bereits heute werden auf allen Stufen der Wertschöpfungskette digitale Techniken angewendet, doch steht die digitale Transformation der Fleischindustrie erst am Anfang. „Die USA sind beispielsweise im Bereich ‘Smart und Precision Farming’ in der Landwirtschaft führend“, so Lütke Entrup: „Durch die Anwendung moderner Informationstechnologien wie Sensoren, Drohnen etc. kann der Ackerbau wesentlich besser überwacht und die Flächen versorgt werden. Auch bei der Futterzusammensetzung geht die Entwicklung dahin, diese datenbasiert tiergerecht zusammenzustellen.“ Große Schritte bei der Digitalisierung macht demnach ebenfalls der Handel, etwa bei den Lager- und Filialprozessen.

Die großen Innovationen werden dem Wirtschaftsingenieur zufolge für die nächsten Jahre erwartet. Als Beispiele nennt er etwa die Nutzung von Satellitendaten zur Optimierung des Ackerbaus, die Weiterentwicklung des Barcodes mit RFID-Technologie für eine bessere Datenerfassung- und Messung oder auch das Fleisch aus dem Labor. Der Gedanke an ein konfiguriertes Steak, dass direkt aus dem Drucker kommt, oder an Fleischstücke, die im Labor heranwachsen, mutete bis vor ein paar Jahren noch wie Science Fiction an. Inzwischen werden laut Lütke Entrup auch solche Fleischalternativen zunehmend in die Realität umgesetzt.

Das Fleisch aus dem Labor bietet demnach das Potenzial, die gesamte Fleischindustrie zu revolutionieren. Im Gegensatz zu pflanzlichen Alternativen handelt es sich beim sogenannten In-vitro-Fleisch um die Züchtung von Gewebe zur Herstellung von synthetischem Fleisch. Lange galt das Fleisch aus dem Labor als zu teuer und damit als nicht wettbewerbsfähig. Dank Investitionen der großen Player auf dem Fleischmarkt wird die synthetische Fleischherstellung (sogenanntes „cell-based meat“) aber zunehmend günstiger.

Mit Blick auf die Nachhaltigkeitsthematik hat das In-vitro-Fleisch zwar den Vorteil, dass keine Tiere mehr gemästet und geschlachtet werden müssen, allerdings kann auch das synthetische Fleisch noch nicht als nachhaltige Lösung gelten. „Während die Rindermast mit ihrer hohen Methanproduktion eine große Belastung für das Klima darstellt, wird bei der neuen, synthetischen Fleischherstellung aufgrund des hohen Energiebedarfs zurzeit noch sehr viel CO2 produziert,“ erklärt der ISM-Professor. Zudem ist die Frage noch offen, wie Konsumenten und Gesundheitsbehörden das aus gezüchteten Zellen gewonnene Fleisch aufnehmen werden.

Eine weitere Alternative, die sich noch im früheren Entwicklungsstadium befindet, ist das Fleisch aus dem 3D-Drucker. Ausgangsstoffe für den 3D-Druck sind entweder pflanzliche Produkte oder auf künstliche Weise erzeugtes cell-based meat. Im zweiten Fall werden Muskel- und Fettzellen sowie weitere Bindungsstoffe eingesetzt, um ein Endprodukt entstehen zu lassen, das von natürlich gewachsenem Fleisch kaum noch zu unterscheiden wäre. Lütke Entrups Prognose: „Die Kombination aus digitalen Techniken und Maßnahmen gegen den Klimawandel wird die Art und Weise, wie wir leben und uns ernähren zukünftig stark beeinflussen – gerade auch was den Fleischkonsum angeht.“

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