Leihen und teilen statt kaufen und besitzen – das ist der Grundgedanke der Sharing Economy, die sich in den vergangenen Jahren in vielen Bereichen etabliert hat. Ob Autos oder Fahrräder, Werkzeuge oder Wohnungen – viele Dinge muss man heutzutage nicht mehr besitzen, um sie zu benutzen. Und dieses Konzept des Teilens könnte auch die Transport- und Logistikbranche nachhaltig verändern.
Forschende der Universität Klagenfurt untersuchen zurzeit den möglichen Einfluss der Sharing Economy, konkret des kollaborativen Fahrzeugroutings, auf die Zukunft der Logistik. Denn obwohl viele Prozesse bereits optimiert sind, fahren noch immer zu viele leere Lastwagen und Güterzüge durch das Land. Ein Grund dafür sind den Forschenden zufolge Unternehmen, die einander nicht in die Karten schauen lassen möchten, wenn es um Auftragsvolumen, Kosten und Stammkunden geht. „Die Sharing Economy ist auf dem Vormarsch. Traditionelle Geschäftsmodelle müssen angepasst werden und Akteure müssen lernen, wie sie in einer Welt der geteilten freien Kapazitäten und digitalen Plattformen überleben können“, sagt dazu Margaretha Gansterer von der Abteilung für Produktionsmanagement & Logistik der Universität Klagenfurt, die das Projekt mit dem Titel „EMIL – Exchange Mechanisms in Logistics“ leitet.
Das Projekt konzentriert sich auf horizontale Kollaborationen, bei denen Unternehmen auf der gleichen Ebene einer Lieferkette Ressourcen durch den Austausch ausgewählter Transportaufträge mit ihren Mitbewerbern teilen. Dies kann dem Forschungsteam zufolge über digitale Plattformen organisiert werden, auf denen Transportdienstleister ihre Aufträge so austauschen, dass ihre Touren möglichst wenige Leerfahrten beinhalten. Solche Plattformen seien zwar bereits im Praxiseinsatz, die bestehenden Mechanismen würden aber das Potenzial solcher Kollaborationen bei Weitem nicht ausschöpfen.
Das Projektteam arbeitet daran, die Hürden für Kollaborationen abzubauen – mit Mechanismen, die mit möglichst geringem Informationsaustausch auskommen und dennoch eine faire und kostengünstige Aufteilung der Transportaufträge ermöglichen sollen. Ein Ansatz sind Auktionssysteme, die über ein Bieterverfahren gute Aufteilungen von vorhandenen Kapazitäten finden können, ohne dass teilnehmende Transporteure sensible Daten wie Kosten oder Stammkunden offenlegen müssen. Ein weiterer Ansatz ist ein Vergabeprozess, der möglichst vielen Transportdienstleistern Anreize liefert, nutzenbringend teilzunehmen. Ein solcher Anreiz könnte sein, dass gemeinsame erzielte Gewinne fair aufgeteilt werden. Wie eine solche Gewinnaufteilung gestaltet sein könnte, ist eine der wesentlichen Problemstellungen des Projekts. Dahinter stehen komplexe wissenschaftliche Methoden aus dem Operations Research und der Spieltheorie. Insgesamt soll mit dem Projekt die Gesamteffizienz der Transportindustrie erhöht werden, indem in Summe kostspielige und umweltbelastende Leerfahrten vermieden werden.