Die Automobilindustrie wird in Zukunft allein mit ihrem traditionellen Geschäftsmodell, also dem Verkauf von Neuwagen, nicht mehr bestehen können. Diese These zieht sich durch viele Marktberichte und spiegelt sich auch in dem aktuellen Automotive Disruption Radar von Roland Berger. Als Grund nennt die Unternehmensberatung vor allem die Entwicklung hin zu autonom fahrenden Autos und alternativer Mobilität: Immer mehr Menschen würden lieber Robotaxis fahren, als ein eigenes Auto zu besitzen – unter Stadtbewohnern in den USA sagen das 40 Prozent, unter jungen Chinesen 26 Prozent. Und auch die Nutzung von Carsharing, Ridesharing oder Taxis steigt: in amerikanischen Städten auf 13 Prozent, in Singapur auf mehr als 16 Prozent und in China auf mehr als 18 Prozent. In Deutschland sind es laut Automotive Disruption Radar noch deutlich weniger, dafür hat sich der Anteil seit Anfang 2017 fast verdoppelt: von 1,9 auf 3,7 Prozent.
Automobilindustrie und Investoren reagieren
Roland Berger beobachtet, dass sich beim Thema Mobilität der Fokus von Automobilindustrie und Investoren bereits den Verbraucherwünschen entsprechend ändert. Automotive-Unternehmen haben demnach ihre Entwicklungskapazitäten im Bereich Autonomes Fahren massiv aufgestockt: Die Anzahl der Mitarbeiter, die in diesem Feld tätig sind, ist laut Roland Berger zwischen 2016 und 2017 weltweit von 41.000 auf 51.000 gestiegen – ein Plus von 22,5 Prozent. Und während 2016 weltweit noch 9,3 Milliarden Dollar Risikokapital für Mobilitätsprojekte zur Verfügung gestanden hätten, seien es 2017 bereits 21,4 Milliarden gewesen – ein Plus von 130 Prozent. Auch für das Thema Künstliche Intelligenz, das beim Thema Autonomes Fahren ein wichtiger Faktor sei, habe es 2017 mit gut 3,2 Milliarden Dollar mehr als doppelt so viel Risikokapital gegeben wie 2016.
Mobilität ändert sich in städtischen wie ländlichen Regionen
Angesichts ihrer weltweit erhobenen Daten sprechen die Automobilexperten von Roland Berger von einem unaufhaltsamen Trend, der die Autoindustrie umkrempeln wird. Demnach lassen verschiedene, von der Unternehmensberatung regelmäßig erhobene Parameter den Schluss zu, dass sich der Markt für Mobilität rasch ändert. Beispielsweise entwickele sich die Idee vom fahrerlosen Mobilitätsdienst gerade von einem technologischen Traum zu einer konkreten Anwendung: In Arizona werde ein Anbieter schon bald die ersten autonom fahrenden Taxis im Realbetrieb einsetzen, andere Unternehmen hätten vergleichbare Pläne angekündigt.
Drohende Fahrverbote könnten Transformation befördern
„Alle unsere Umfragen zeigen eindeutig, dass weltweit der Wunsch zunimmt, mobil zu sein, ohne unbedingt ein eigenes Auto zu besitzen“, sagt Norbert Dressler, Partner von Roland Berger und Leiter des Competence Center Automotive in der DACH-Region. „Perspektivisch bedeutet dies, dass das Geschäft mit Neuwagen langsamer wachsen wird. Eine Entwicklung, die eine starke Transformation bei den Automobilherstellern sowie bei vielen Zulieferer fordern wird.“ Aus Sicht der Unternehmensberatung könnten Faktoren wie die drohenden Fahrverbote in Innenstädten die Entwicklung zusätzlich antreiben. Und auch in ländlichen Regionen seien neue Formen der Mobilität gefragt, nicht zuletzt wegen der älter werdenden Bevölkerung.