Einer aktuellen KPMG-Analyse zufolge bleibt Deutschland bei der Einführung des Automatisierten Fahrens hinter anderen Ländern zurück. Um die Situation und die Entwicklung in diesem Bereich darstellen zu können, hat das Beratungsunternehmen erstmals einen „Autonomous Vehicles Readiness Index“ veröffentlicht. Dieser Index vergleicht 20 Länder hinsichtlich ihrer Bereitschaft und ihrer Offenheit für Automatisiertes Fahren. Relevant sind dafür die vier Bereiche Politik/Gesetzgebung, Technologie/Innovation, Infrastruktur sowie Kundenakzeptanz.
Automatisiertes Fahren noch wenig akzeptiert
Die besten Voraussetzungen für Automatisiertes Fahren bestehen diesem KPMG-Index zufolge in den Niederlanden, in Singapur und in den USA. Deutschland liegt in der Gesamtbetrachtung auf dem sechsten Platz. Positiv wertet KPMG dabei vor allem die Bereiche Technologie/Innovation (Platz 3) und Politik/Gesetzgebung (Platz 5) – dank Pilotprojekten zum Automatisierten Fahren, staatlich geförderter Forschungsvorhaben und des 2017 neugefassten Straßenverkehrsgesetzes. In den Bereichen Infrastruktur und Kundenakzeptanz erreicht Deutschland im Index allerdings jeweils nur Platz 12. Denn aus Sicht der KPMG mangelt es unter anderem an einem flächendeckenden Hochleistungs-Mobilfunknetz sowie an der Akzeptanz des Autonomen Fahrens in der Öffentlichkeit.
Nachholbedarf nicht nur bei Haftungsfragen
Simon Wollenberg zufolge ist Deutschland davon überzeugt, das modernste Straßenverkehrsgesetz der Welt zu haben. „Allerdings sind die Haftungsfragen noch nicht zufriedenstellend gelöst, weil der Fahrer selbst dann für Schäden haftet, wenn ein Unfall durch das autonom fahrende Fahrzeug verursacht wird“, kritisiert der Senior Manager bei KPMG Law. Außerdem müssten die Mobilitätsdaten autonom fahrender Fahrzeuge bei der Verkehrslenkung berücksichtigt werden, um die Nutzung der Verkehrsinfrastruktur zu optimieren.
Straßenverkehrsgesetz 2017 neu gefasst
Im März 2017 hatte der Bundestag neue Regelungen zum Fahren von Autos mit hoch- und vollautomatisierter Fahrfunktion verabschiedet. Die neue Fassung des Straßenverkehrsgesetzes stellt klar, dass der Betrieb von Kraftfahrzeugen mittels hoch- und vollautomatisierter Fahrfunktion „im Rahmen der bestimmungsgemäßen Verwendung“ zulässig ist. Ferner wird geregelt, dass im Rahmen der bestimmungsgemäßen Verwendung die automatisierte Fahrfunktion zur Fahrzeugsteuerung verwendet werden kann, „wenn der Fahrzeugführer besonders geregelte Pflichten zur unverzüglichen Wiederaufnahme der Fahrzeugsteuerung beachtet“. Der Fahrzeugführer dürfe sich zwar „vom Verkehrsgeschehen und der Fahrzeugführung abwenden“, wenn die hoch- und vollautomatisierte Fahrfunktion die Kontrolle über das Auto übernommen hat. Er müsse aber so wahrnehmungsbereit sein, dass er die Steuerung wieder übernehmen kann, wenn er vom System dazu aufgefordert wird. Der Mensch soll also auch beim Einsatz des Computers grundsätzlich die letzte Verantwortung behalten. Für 2019 ist eine Evaluation des Gesetzes vorgesehen.
Automatisierungsstufen im Überblick:
- Teilautomatisiertes Fahren: Der Fahrer muss das System dauerhaft überwachen und jederzeit zur vollständigen Übernahme der Fahraufgabe bereit sein.
- Hochautomatisiertes Fahren: Der Fahrer muss das System nicht dauerhaft überwachen. Das System warnt den Fahrer aber rechtzeitig, wenn dieser eingreifen muss.
- Vollautomatisiertes Fahren: Der Fahrer muss das System nicht überwachen. Das System ist in allen Situationen in der Lage, einen „risikominimalen“ Zustand herzustellen.
- Autonomes („fahrerloses“) Fahren: Das System übernimmt das Fahrzeug vollständig vom Start bis zum Ziel; alle im Fahrzeug befindlichen Personen sind nur Passagiere.