Der deutsche Smart-Home-Markt wird bis zum Jahr 2022 auf 4,3 Milliarden Euro wachsen – also jährlich im Durchschnitt um 26,4 Prozent. Das zeigt eine Studie, welche die Unternehmensberatung Arthur D. Little und eco, der Verband der Internetwirtschaft, auf der IFA in Berlin vorgestellt haben. Insgesamt sechs Marktsegmente nimmt die Studie detailliert unter die Lupe: Sicherheit und Zugangskontrolle, Unterhaltung, Gesundheit und betreutes Wohnen, Haushaltsgeräte, Energiemanagement sowie Licht- und Fenstersteuerung. Demnach werden die Bereiche Energiemanagement mit 1,3 Milliarden Euro sowie Licht- und Fenstersteuerung mit 1,2 Milliarden Euro im Jahr 2022 die Marktsegmente mit den höchsten Umsätzen sein – vor allem getrieben von einem boomenden Bausektor und dem Streben nach besserer Energieeffizienz. Das dynamischste Wachstum wird jedoch im Segment Gesundheit und betreutes Wohnen erwartet: Verschiedene Anwendungen wie die Überwachung des Gesundheitszustandes, Sturzdetektoren und Notrufsysteme sollen das Leben für die stark zunehmende Zahl von Senioren und pflegebedürftigen Personen sicherer machen.
Damit Unternehmen dieses Marktpotenzial ausschöpfen können, müssen sie jedoch Teil eines funktionierenden Ökosystems werden, betonte eco-Geschäftsführer Harald A. Summa bei der Präsentation der Studie. Verantwortliche müssten offen sein für eine Integration von und Kooperation mit Lösungen aus anderen Branchen und Technologien: Ein hoher Grad des Daten- und Informationsaustausches zwischen den unterschiedlichen Geräten sowie mit einer nutzerfreundlichen Smart-Home-Lösung sei wichtiger Teil des Erfolgsrezepts.
Keine einheitlichen Standards
Damit berührt die Studie einen Punkt, der bereits in den vergangenen Jahren beim Thema Smart Home auf der IFA als problematisch galt: fehlende Standards. Zwar werben auch 2017 wieder viele Hersteller mit den Kommunikationstalenten ihrer Geräte, eine gemeinsame Sprache sprechen diese jedoch häufig immer noch nicht. Immerhin gab es auf der IFA neben geschlossenen Insellösungen auch „mehrsprachige“, also offene und mit anderen Lösungen kompatible Geräte und Systeme zu sehen. Der Trend scheint zu offenen Smart-Home-Plattformen als intelligenter Steuerung zu gehen. Lösungen wie Apple HomeKit, Samsung SmartThings, innogy SmartHome oder die Telekom-Plattform Qivicon agieren dabei als Manager und Integrator verschiedener Anwendungen; auch Amazon und Google öffnen ihre Systeme für Dritte. Sprachassistenten werden ohnehin eine immer wichtigere Rollen spielen, sind Arthur D. Little und eco überzeugt: „Sprachkommandos werden die Fernbedienung ersetzen.“
„Das Ziel sollte es sein, mit offenen Systemen zu arbeiten und anderen Zugang zum eigenen Produkt zu bieten, damit neue vernetzte Services entstehen können“, sagte Lars Riegel von Arthur D. Little. Aufholbedarf sieht er vor allem im Bereich smarter Software. „Während zahlreiche deutsche Unternehmen exzellente Hardwareprodukte herstellen, sind die dazugehörigen smarten Anwendungen oftmals sehr limitiert und nur bedingt nutzerfreundlich.“ Um das zu ändern empfiehlt die Studie Unternehmen, Informationen wie beispielsweise Source Codes preiszugeben und so die Innovationskraft verwandter Industrien und sogar von Konkurrenten zu nutzen.
Smart-Home-Verbände schließen sich zusammen
Im Rahmen der IFA 2017 haben übrigens die drei größten Smart-Home-Verbände Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens ihre Kooperationsvereinbarung unterzeichnet. Das gemeinsame Ziel der SmartHome Initiative Deutschland e. V. (SHD), UK’s Smart Homes & Buildings Association (SH&BA) und der Fédération Française de Domotique (FFD) ist es, die Entwicklung der Smart-Home-Branche voranzutreiben und den europaweit wachsenden Anforderungen der Nutzer und Endkunden gerecht zu werden. „Der Zusammenschluss eröffnet den direkten Zugang zu neuen Informationsquellen. Auf diese Weise schaffen wir einen grenzenlosen Austausch von Ideen und Best Practices in den drei stärksten Smart-Home-Ländern Europas”, sagte SHD-Vorstandsvorsitzender Günther Ohland.