Wer Fehler vermeiden will, muss zunächst einmal hinnehmen, dass sie Teil jedes menschlichen Handelns sind. Das meint Jan U. Hagen, promovierter Wirtschaftswissenschaftler und Associate Professor der European School of Management und Technology (ESMT) in Berlin, der sich auf Fehlermanagement spezialisiert hat. Beim DeWIT 2019 war Hagen bei einer Session mit dem Titel „Mit Fehlern zum Erfolg“ zu Gast.
Quelle: VWI/Dirk Bleicker
Hagens Forschung und Lehre konzentriert sich auf die Themen Führung, Fehlermanagement und Krisenmanagement und insbesondere darauf, wie Organisationen und Teams mit Fehlern umgehen. Neben etlichen Fachbeiträgen hat er 2013 das Buch „Confronting mistakes – Lessons from the aviation industry when dealing with error“ veröffentlicht. Im Frühjahr 2018 erschien sein Buch „How could this happen – Managing errors in organizations“.
Damit in Unternehmen eine moderne, offene Fehlerkultur in Unternehmen umgesetzt werden kann, müssen Hagen zufolge einige Grundbedingungen erfüllt sein.
- Die Grundhaltung: Fehler sind Teil menschlichen Handelns sind und selbst mit größter Sorgfalt nicht zu vermeiden. Das gilt für alle Bereiche und Personen, einschließlich der Führungsebene. Wichtiger als vergebliche Versuche, niemals einen Fehler zu machen, sind die rechtzeitige Korrektur und die Fähigkeit, Fehler konstruktiv zu behandeln.
- Freiheit von Sanktionen: Fehler dürfen nicht sanktioniert werden. Die Angst, das Gesicht zu verlieren und bestraft zu werden, führt dazu, dass Fehler vertuscht werden.
- Worten Taten folgen lassen: Das offene, sanktionsfreie Prinzip muss von oben nach unten veranschaulicht werden. Nur so melden Kollegen und Mitarbeiter ihre eigenen Fehler und die Fehler anderer horizontal und vertikal, ohne das Gefühl zu haben, jemanden anzuprangern oder sich die Köpfe abzusprechen.
- Kommunikation: Die Fehlerkommunikation basiert auf Fakten und erfolgt objektiv.
- Cross- oder Reality-Check: Situationen können unterschiedlich wahrgenommen und bewertet werden. So wie Kapitän und Copilot die Messwerte ihrer Instrumente und – was noch wichtiger ist – ihre Interpretationen dieser Messwerte vergleichen, sollten Manager aller Ebenen ihre Daten und die daraus abgeleiteten Schlussfolgerungen von Kollegen und Mitarbeitern überprüfen lassen.
- Reflexion: Um aus Fehlern zu lernen, müssen die Fehlerursachen gesucht und analysiert werden. In der Luftfahrt erfolgt diese Analyse im Rahmen regelmäßiger Nachbesprechungen, die von den Besatzungen am Ende jedes gemeinsamen Flugtages durchgeführt werden. Ebenso müssen in Unternehmen oder Teams regelmäßige Nachbesprechungstermine festgelegt werden
- Schulung: Die Erfahrung in der Luftfahrt zeigt, dass die Umsetzung des Konzepts nicht über Nacht erfolgreich ist. Radikale Veränderungskonzepte nützen hier nichts. Besser sind stetige Überzeugungsarbeit in Verbindung mit regelmäßigen Schulungen zu Fehlermanagementprinzipien.
- Berichterstellung: Um Fehlerquellen zu reduzieren, wird empfohlen, Fehlerfälle in einer Sammlung zu erfassen und allen Beschäftigten zur Verfügung zu stellen.