Wie klingt die Mobilität von morgen? Dieser Frage widmet sich nicht nur ein Psychoakustik-Team an der TU München, sondern auch ein interdisziplinäres Forschungsteam aus Akustikern und Regelungstechnikern der Hochschule München (HM). Ihr Ziel ist es, Elektrofahrzeuge durch Sound-Design hörbar zu machen. Dafür hat das HM-Team eine Methode und ein Produkt entwickelt, um Elektromotoren zum Singen zu bringen. Die Motoren sollen damit unter anderem selbst zu Lautsprechern werden und sich im Verkehr zukünftig bemerkbar machen können. Denn verglichen mit Verbrennungsmotoren surren Elektrofahrzeuge ungewohnt leise. Um deren Wahrnehmbarkeit und damit die Sicherheit auf den Straßen zu erhöhen, schreibt eine neue EU-Verordnung vor, dass in allen neuen Typen von Elektrofahrzeugen akustische Warnsignale installiert sein müssen.
Bei der Methode des sogenannten „Active Sound Generation“ (ASG) sucht das Forschungsteam nach Möglichkeiten, den Antrieb von Elektromotoren zugleich zur Geräuscherzeugung zu nutzen. Die Stromversorgung des Motors wird dabei so moduliert, dass dieser zusätzlich zu seiner normalen Drehung winzige Bewegungen in Drehrichtung und radialer Richtung ausführt. Die leichte Hin-und-Her-Bewegung, die die Forscher damit erzeugen, ist für das bloße Auge unsichtbar. Das Motorgehäuse lässt sich so in Vibrationen versetzen, dass Schallwellen entstehen und der E-Motor zu singen beginnt. Das Gehirn zur Klangerzeugung ist eine Echtzeithardware zum Ansteuern des E-Motors. Die Hardware wird mit einer beliebigen Audioquelle – etwa einem Handy oder einem MP3-Player – verbunden und setzt deren Audiosignale in Steuersignale um, die dann den E-Motor zum Schwingen bringen.
Singen wie ein Verbrenner – oder ein Sternenjäger aus Star Wars
Alternativ zur zwischengeschalteten Hardware können mit einem im selben Labor entwickelten Produkt, dem sogenannten MXsounddesigner, Klänge auch mathematisch entwickelt und live eingespielt werden. Der Sounddesigner ist den Forschern zufolge so konzipiert, dass der Klang vom Betriebszustand des Motors abhängt und durch das Ändern typischer Motorparameter wie Drehzahl oder Lastverhältnis entsteht. Das System soll ohne wesentliche Zusatzkosten, Bauraum und Mehrgewicht in vorhandene E-Motoren integriert werden können. Welcher Sound letztlich aus E-Fahrzeugen mit einem Sounddesigner ertönt, ist im Prinzip frei wählbar – die Wissenschaftler könnten einen normalen Verbrennungsmotor nachahmen oder auch einen Sternenjäger aus Star Wars. Sogar die Wiedergabe des Radioprogramms oder gesprochene Gefahrenhinweise wären möglich.
Für unerwünschte Geräusche aus dem Motor soll ergänzend zur Technologie der Sounderzeugung (ASG) das Active Noise Cancellation (ANC) zum Einsatz kommen. Diese Technik macht sich den physikalischen Effekt zunutze, dass zwei überlagernde Schwingungen sich gegenseitig aufheben können – eben als destruktive Interferenz. Die neue Methode kann E-Fahrzeuge somit durch Unterdrückung von Störgeräuschen leiser und gleichzeitig durch Hinzufügen von gestalteten Warngeräuschen oder Geräuschen zur auditiven Hervorhebung der Fahrdynamik besser hörbar machen.