Umbrüche in der Arbeitswelt sind nichts Neues. Beispiele sind die industrielle Revolution im 19. Jahrhundert, die Etablierung von Robotern und Computern in der Arbeitswelt des 20. Jahrhunderts und aktuell die Einführung neuer vernetzter digitaler Technologien. Mit jedem Strukturwandel wurden Stimmen laut, die vor dem Verlust von Arbeitsplätzen warnten. „Fortschritt macht arbeitslos“, titelte beispielsweise der Spiegel im Jahr 1978 zum Thema Computer-Revolution.
Zu einem differenzierteren Ergebnis kommt allerdings das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB). Zwei IAB-Forscher, der Volkswirt Hermann Gartner und der Wirtschaftsingenieur Heiko Stüber, haben den Strukturwandel des deutschen Arbeitsmarktes seit den 70er Jahren analysiert. „Es ist zwar richtig, dass neue Technologien zu einem Abbau von Arbeitsplätzen in bestimmten Berufen oder Industrien führen können“, so die Forscher: „Jedoch sorgen neue Technologien zugleich für einen Arbeitsplatzaufbau in anderen Berufen oder Industrien.“ Der deutsche Arbeitsmarkt habe den Strukturwandel seit den 70er Jahren bislang alles in allem ausgleichen können. Auf längere Sicht betrachtet seien etwa in dem Maß, in dem Arbeitsplätze abgebaut wurden, auch neue entstanden.
Strukturwandel führt zu qualitativen Veränderungen
„Technischer Fortschritt hat in Deutschland bislang nicht zu weniger Arbeit geführt, sondern zu einer Umschichtung von Arbeitsplätzen und Arbeitskräften“, schreiben Gartner und Stüber. Für Hochqualifizierte seien sogar mehr Arbeitsplätze hinzu gekommen als verschwunden. Für Geringqualifizierte seien dagegen weniger Stellen entstanden als abgebaut wurden. Die technologische Entwicklung sei also mit einer qualitativen Veränderung des Bedarfs an Arbeitskräften verbunden gewesen.
Bezogen auf die aktuelle Digitalisierungsdebatte rund um Industrie 4.0 erwarten die Forscher, dass auch dieses Mal das Beschäftigungsniveau in Deutschland unterm Strich nicht sinken wird. Das IAB prognostiziert allerdings große Umbrüche: Durch die Digitalisierung werden demnach rund 1,5 Millionen Stellen wegfallen, jedoch in ähnlichem Umfang auch neue entstehen. „Dass neu entstehende Arbeitsplätze oft ein anderes Anforderungsniveau aufweisen als die weggefallenen Arbeitsplätze, ist mit ein Grund, dass es immer ein bestimmtes Maß an Mismatch-Arbeitslosigkeit gibt“, so die Forscher. Qualifizierung sowie professionelle Beratung und Vermittlung seien deshalb von zentraler Bedeutung, damit die Beschäftigten mit den Herausforderungen der Digitalisierung und dem damit einhergehenden Strukturwandel schritthalten können.