Crowd Oil nennt sich das Konzept, bei dem Klima- und Lüftungsanlagen aus der Umgebungsluft CO2 und Wasser filtern und daraus synthetische Kraftstoffe herstellen sollen. Forscher des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und der University of Toronto (UoT) haben es in der Zeitschrift Nature Communications vorgestellt (Roland Dittmeyer, Michael Klumpp, Paul Kant, Geoffrey Ozin: Crowd oil not crude oil). „Wenn wir den erneuerbaren Wind- und Solarstrom sowie Kohlenstoffdioxid direkt aus der Umgebungsluft nutzen, um Kraftstoffe herzustellen, dann können wir große Mengen an Treibhausemissionen vermeiden“, sagt Professor Roland Dittmeyer vom Institut für Mikroverfahrenstechnik (IMVT) des KIT: „Wir wollen die Synergien zwischen der Lüftungs- und Klimatechnik auf der einen und der Energie- und Wärmetechnik auf der anderen Seite nutzen, um Kosten und Energieverluste bei der Synthese zu senken. Darüber hinaus könnten durch Crowd Oil viele neue Akteure für die Energiewende mobilisiert werden.“
In ihrer gemeinsamen Veröffentlichung in der Fachzeitschrift Nature Communications zeigen die Wissenschaftler um Roland Dittmeyer vom KIT und Geoffrey Ozin von der UoT anhand quantitativer Betrachtungen am Beispiel von Bürogebäuden, Supermärkten und Energiesparhäusern das CO2-Einsparungspotenzial ihrer Vision von dezentralen, an Gebäudeinfrastruktur gekoppelten Konversionsanlagen. Nach den Berechnungen des Teams würde beispielsweise allein die Menge CO2, die potenziell in den Lüftungsanlagen der rund 25.000 Supermärkte der drei größten Lebensmittelhändler Deutschlands abgeschieden werden könnte, ausreichen, um etwa 30 Prozent des Kerosinbedarfs oder rund acht Prozent des Dieselbedarfs in Deutschland zu decken. Zudem wäre eine Verwendung der erzeugten Energieträger in der chemischen Industrie als universelle Synthesebausteine möglich.
Das Team greift für sein Konzept unter anderem auf Voruntersuchungen der einzelnen Prozessschritte und Prozesssimulationen zurück. Um diese Ergebnisse bestätigen zu können, bauen die Forscher des IMVT zusammen mit Projektpartnern derzeit am KIT den voll integrierten Prozess auf. Obwohl die Bausteine der vorgeschlagenen Technologie wie die Anlagen zur CO2-Abtrennung und zur Synthese von Energieträgern teilweise schon heute kommerziell erhältlich sind, bedarf es den Forschern zufolge noch großer Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen sowie einer Anpassung der rechtlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, um diese Vision in die Praxis umzusetzen.