Konzerne und Autohäuser müssen sich enger verzahnen, wenn sie die Hoheit über den Vertrieb verteidigen wollen. Denn die Bereitschaft der Kunden, direkt beim Automobilhersteller oder über eine Online-Plattform zu kaufen, steigt deutlich an. Das zeigt eine PwC-Studie zur Zukunft des klassischen Autohauses. Dem Papier „The Future of Automotive Retail – the path towards mobility provider“ zufolge meinen 58 Prozent der 1800 befragten deutschen Autohändler, das traditionelle Autohaus werde in den kommenden Jahren spürbar an Bedeutung verlieren. Als größte Bedrohung für das klassische Distributionsmodell gelten der Direktvertrieb der Hersteller (82 Prozent) und unabhängige Verkaufsplattformen im Internet (72 Prozent). Zudem stellt jeder zweite Händler fest, dass die Loyalität der Kunden sowohl gegenüber der Marke als auch gegenüber dem angestammten Händler abnimmt.
Eine weitere PwC-Umfrage unter 1000 deutschen Verbrauchern hat zwar ergeben, dass diese mehrheitlich den Händler beim Kauf eines Autos als die wichtigste Informationsquelle einstufen. Und 84 Prozent der Befragten können sich „unter keinen Umständen“ vorstellen, ein Auto völlig ohne vorherige persönliche Beratung zu erwerben. Laut PwC heißt das aber nicht, dass sie das Fahrzeug letzten Endes auch wirklich beim stationären Händler kaufen. Denn viele Befragte zeigten sich offen für den Kauf direkt beim Hersteller oder über eine Online-Plattform. Am Ende könnten es also unabhängige Drittanbieter sein, die das Geschäft machen, so die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft.
Vertrieb mit maßgeschneiderten Dienstleistungen ergänzen
„Die Autohäuser als solche werden nicht verschwinden. Aber sie werden ihr Geschäftsmodell weiterentwickeln, und um neue maßgeschneiderte Dienstleistungen rund um Mobilität und Beratung erweitern müssen“, sagt Felix Kuhnert, Global Automotive Leader bei PwC: „In Zukunft unterschreibt der Kunde im Autohandel kein Verkaufsvertrag mehr, idealerweise bekommt er dort möglichst unkompliziert das passende Mobilitätskonzept bereitgestellt.“
Die PwC-Studie kommt zu dem Schluss, dass beim Vertrieb das Händlermodell in den nächsten Jahren sukzessive einem Agentenmodell weichen dürfte. Dabei würden die Autohäuser nicht nur von ihrer selbstbestimmten Preisspanne leben, sondern von einer Vertriebsprovision. Kuhnert geht bei dieser Konstellation davon aus, dass die Autokonzerne künftig den Ton angeben und die meisten Händler nur dann überleben, wenn sie die neue Rolle als stationäre Verkaufspartner und individuelle Mobilitätspartner annehmen.
Erste Automobilhersteller testen beim Vertrieb übrigens schon neue Wege. Mercedes erprobt derzeit neue Modelle des Direktvertriebs – allerdings unter Einbeziehung der Händler. Volkswagen hat angekündigt, von 2020 an neue Händlerverträge einführen zu wollen. die zumindest ansatzweise schon in Richtung Agentenmodell gehen. Und BMW hat seinen i3 zunächst über ein Netz sogenannter „i-Agenten“ vertrieben.