Offiziell öffnet die Hannover-Messe zwar erst im April. Aber rund 40 Unternehmen erlaubten den Medien bereits am 6. Februar ein Preview. Einer dieser Aussteller war das Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung IGD, das ein neuartiges 3D-Scansystem präsentierte. „Das Besondere an unserem System: Es scannt Bauteile erstmals autonom – und zwar in Echtzeit“, so Pedro Santos vom Fraunhofer IGD. Das Potenzial der Technik erläutern die Forscher anhand von Oldtimern. Auf den Straßen sind sie rar und etwas Besonderes. Geht jedoch etwas am Fahrzeug kaputt, wird diese Sonderstellung schnell zum Problem, da Ersatzteile nicht mehr produziert werden. Im Zuge von Industrie 4.0 und der Produktion mit Losgröße eins soll sich das ändern – und mit Hilfe des neuen 3D-Scansystems.
Produktion mit Losgröße eins
Das defekte Bauteil wird auf einen Drehteller gelegt, der sich unter einem Roboterarm mit dem Scanner befindet. Der Roboterarm fährt den Scanner dann so um das Bauteil herum, dass er mit möglichst wenigen Aufnahmen die komplette Geometrie erfassen kann. Dafür braucht er, je nach Größe und Komplexität des Bauteils, einige Sekunden bis Minuten. Bereits während des Scans erstellen intelligente Algorithmen im Hintergrund ein dreidimensionales Abbild des Objekts. Danach wird mit einer Materialsimulation überprüft, ob ein 3D-Druck den Anforderungen in punkto Stabilität genügt. Im nächsten Schritt wird das Bauteil über einen 3D-Drucker ausgedruckt – und kann im Oldtimer verbaut werden.
Wie Santos betont, liegt die Entwicklungsleistung jedoch nicht im Scanner an sich, sondern in der Kombination des Scanners mit einer Ansichtenplanung zu einem autonomen Gesamtsystem. Für diese ebenfalls vom Fraunhofer IGD stammende Ansichtenplanung ermitteln Algorithmen anhand eines ersten Scans, welche weiteren im Anschluss sinnvoll sind, um das Objekt mit möglichst wenigen Scans zu erfassen. Diese Vorgehensweise ermögliche es dem System, ihm vollkommen unbekannte Objekte selbständig und schnell zu vermessen. Dies sei bislang einmalig, denn bei bisherigen Scannern sei entweder ein Anlernen nötig gewesen oder das CAD-Modell des Bauteils, um die Lage des Objekts relativ zum Scanner zu erkennen – kein Problem in der Massenproduktion, aber zu aufwändig für Losgröße eins.
Fertigungsassistent für die Industrie 4.0
Das Fraunhofer IGD sieht vielfältige mögliche Anwendungen für den autonomen Scanner. Beispielsweise könne er als Fertigungsassistenz dienen und die Zusammenarbeit von Mensch und Maschine verbessern. Diese Interaktion stehe im aktuellen Projekt „Autoware“ im Fokus, bei dem es um das Zusammensetzen von Zylindern samt Kolben, Gehäuse und Dichtungen geht. „Unser 3D-Scansystem versetzt Roboter in die Lage, über einen Abgleich mit der Datenbank sowohl zu erkennen, welches Bauteil er gerade vor sich hat, als auch zu ermitteln, welches sein menschlicher Mitarbeiter zum Zusammensetzen des Zylinders als nächstes braucht“, erklärt Santos. Zudem übernehme die Maschine die abschließende Qualitätskontrolle. Im Rahmen weiterer Projekte wollen die Forscher die gesamte Kette von Erfassung, Visualisierung und 3D-Reproduktion durchspielen.