Eine Premiere erlebten die Besucher des Deutschen Wirtschaftsingenieurtags (DeWIT) 2017 in Hamburg: Zum ersten Mal in der Verbandsgeschichte verlieh der VWI Graduation Awards für herausragende Bachelor- und Masterarbeiten. „Der VWI will mit diesen Awards Bachelor- und Master-Arbeiten auszeichnen, die den wissenschaftlichen Ansprüchen genügen, den Innovationsgedanken nach vorne bringen und vor allem die Interdisziplinarität betonen“, sagte VWI-Schatzmeister Heiner Diefenbach bei der Verleihung. Zwölf Arbeiten habe die fünfköpfige Jury bei dieser ersten Wettbewerbsrunde gesichtet – „eine besser als die andere“, so Diefenbach.
Bachelor Graduation Award für Mischa Nauland und Manuel Hollenweger
Der Graduation Award des VWI für die beste Bachelor-Arbeit ging an Mischa Nauland und Manuel Hollenweger von der Hochschule Reutlingen. Die beiden Wirtschaftsingenieure haben darin eine „Techno-ökonomische Bewertung von Power-to-gas Energiespeichersystemen auf Quartiersebene durch Systemssimulation“ vorgenommen. Hintergrund ist das Spannungsfeld, das die Energieversorgung insbesondere für wachsende Städte darstellt. Dieses Spannungsfeld soll in vernetzen Städten, sogenannten Smart Citys, durch lokale und nachhaltige Energieversorgung abgebaut werden. Die Wirtschaftsingenieure haben daher in ihrer Bachelor-Arbeit zunächst heute bekannte Technologien zur Energiespeicherung betrachtet und verglichen. Kern der Forschungsarbeit ist die techno-ökonomische Analyse des Speicherkonzepts Power-to-Gas, bestehend aus der Modellierung eines Energieversorgungsszenarios mit anschließender ökonomischer Bewertung. Die Systemsimulation des Energieversorgungsszenarios auf Quartiersebene mit anschließender Sensitivitätsanalyse und Erfahrungskurvenbetrachtung zeigt auf, dass die Power-to-Gas-Energiespeicherung heute nicht wirtschaftlich darstellbar ist, jedoch durch Kostendegression bei Serienproduktion als modulare Kleinanlage Zukunft hat.
Master Graduation Award für Sophie Apelmeier
Den Graduation Award des VWI für die beste Master-Arbeit erhielt Sophie Apelmeier von der TU Dresden. Ihr Thema waren „Subcontracting Options and Energy Awareness in Hybrid Flow Shop Scheduling“ (Möglichkeit des Subcontractings und Energieberücksichtigung bei der Ablaufplanung hybrider Flow Shop Umgebungen). Dabei hat die Wirtschaftsingenieurin die hybride Fließfertigung, bei der auf jeder Fertigungsstufe mehrere parallele Maschinen zur Verfügung stehen, unter der Prämisse untersucht, dass einzelne Jobs zur Bearbeitung auf einer oder mehreren Stufen unabhängig voneinander an einen externen Dienstleister (oder gegebenenfalls eine andere Abteilung/Fertigungsstraße) abgegeben werden können. Hypothese: Unter Berücksichtigung von Echtzeit-Energiekosten und unterschiedlichen Maschinenverbräuchen ist das Subcontracting von Jobs zu einem Pauschalpreis genau dann sinnvoll, wenn die Energiekosten einen der zwei täglichen Peaks in einem typischen Verlauf erreichen. Die Ergebnisse der Master-Arbeit lassen den Schluss zu, dass die Einbeziehung tagesaktueller Energiepreisverläufe und die Zusammenarbeit mit Dienstleistern für ein partielles Fertigungs-Outsourcing zur Kostenreduktion geeignet sind. Zusätzlich ergibt sich der Effekt, dass Produktionskapazitäten flexibler an schwankende Bedarfe angepasst werden können. Die Einbeziehung von Energiekosten und -verbräuchen in die Produktionsplanung sowie die Idee der Vernetzung und Zusammenarbeit mehrerer Fertigungsunternehmen, um eben diese Energiekosten signifikant zu senken, haben sich im Laufe der Untersuchungen als vielversprechender Ansatz herausgestellt.
Jährliche Ausschreibung geplant
Anlass für die erstmalige Auslobung des Preises war der Start des Studiengangs Wirtschaftsingenieurwesen an der Technischen Universität Berlin vor 90 Jahren. Echte Inter- und Multidisziplinarität sind seit 1927 Markenzeichen dieses Studienganges, was ihn zum Erfolgsmodell in der deutschen Wissenschaftslandschaft gemacht hat. Heute wird der Studiengang an über 150 Hochschulen angeboten und als Exportschlager weltweit imitiert. Der VWI will die Graduation Awards für Bachelor- und Masterarbeiten von nun an regelmäßig einmal im Jahr vergeben. 2017 waren die Auszeichnungen mit 500 Euro (Bachelor) und 1000 Euro (Master) dotiert.