Das Institut für Weltwirtschaft in Kiel (IfW) rechnet im Jahr 2017 mit einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts um 1,7 Prozent, 2018 werden zwei Prozent erwartet. Damit drohe der deutschen Wirtschaft eine konjunkturelle Überhitzung.
Das Institut für Weltwirtschaft in Kiel (IfW) erwartet in seiner aktuellen Konjunkturprognose einen Anstieg des Bruttoinlandsproduktes (BIP) um 1,7 Prozent in diesem und um zwei Prozent im nächsten Jahr. „Bei bereits merklich über normal ausgelasteten Kapazitäten steht Deutschland damit an der Schwelle zur Hochkonjunktur“, sagt Stefan Kooths, Leiter des Prognosezentrums am IfW, anlässlich der Veröffentlichung: „Vor diesem Hintergrund nehmen auch die Risiken für die Wirtschaft zu.“ Damit warnt das IfW als erstes unter den führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstituten vor einer möglichen Überhitzung.
„Insgesamt driftet die deutsche Wirtschaft zusehends in Richtung Überauslastung“, sagte Kooths der Zeitung Die Welt. Eine Ausweitung der Kapazitäten sei nur gut, „wenn sie auch dauerhaft ausgelastet werden können, sonst handelt es sich um Fehlinvestitionen. Und die nehmen im Boom systematisch zu, weil die brummende Konjunktur Absatzmöglichkeiten vorgaukelt, die so keinen Bestand haben können.“ Rezessionen sind Bereinigungsprozesse, so Kooths weiter. „Je weniger Übertreibungen es im Aufschwung gibt, je weniger Ressourcen fehlgelenkt werden, umso sanfter wird der anschließende Abschwung ausfallen. Das hört nur niemand gerne, kein Firmenchef und kein Politiker. Denn eine Hochkonjunktur fühlt sich zunächst einmal sehr gut an. Die Geschäfte laufen fast von alleine, und das Wahlvolk ist zufrieden. Aber die Natur eines Booms ist, dass er korrigiert werden muss.“
Mehr Investitionen, mehr Exporte
Der IfW-Prognose zufolge gewinnt der Aufschwung in Deutschland zunehmend an Breite. Der private und der öffentliche Konsum werden demnach zwar in deutlich verlangsamtem Tempo expandieren, dafür nimmt jedoch der Investitionsaufschwung Fahrt auf. Die Anlageinvestitionen steigen laut Prognose arbeitstäglich bereinigt um 2,6 Prozent (2017) und 4,2 Prozent (2018), nach nur gut zwei Prozent im Jahr 2016. Die Ausrüstungsinvestitionen sollen nächstes Jahr um 5,1 Prozent zulegen, nachdem sie in den vergangenen Quartalen aufgrund des unsicheren internationalen Umfelds zur Schwäche tendierten. Auch die Bauinvestitionen sollen – abgesehen von witterungsbedingten Schwankungen – im gesamten Prognosezeitraum nicht zuletzt aufgrund der niedrigen Zinsen weiter lebhaft mit Raten von 3,4 (2017) und 4,0 (2018) Prozent steigen. Bei den Exporten erwartet das IfW angesichts einer allmählichen Belebung der Weltkonjunktur im laufenden Jahr ein Wachstum um vier 4 Prozent und im kommenden Jahr um 4,8 Prozent.
Staatlicher Budgetüberschuss nur ein temporäres Phänomen
Der gesamtstaatliche Budgetüberschuss wird der IfW-Prognose zufolge im laufenden Jahr den Rekordwert vom Vorjahr in Höhe von über 25 Milliarden Euro wohl übertreffen und auch nächstes Jahr hoch bleiben. Der hohe Überschuss ist laut Kooths vor allem der kräftigen konjunkturellen Dynamik sowie den niedrigen Zinsen geschuldet und somit ein temporäres Phänomen: „Für eine vorausschauende Finanzpolitik sind die Spielräume für Maßnahmen, die mit dauerhaften Ausgabensteigerungen oder Einnahmesenkungen einhergehen, eng begrenzt.“ Hinzu komme, dass die Einnahmen aus den Unternehmenssteuern im vergangenen Jahr merklich stärker gestiegen seien, als es die gesamtwirtschaftliche Entwicklung nahelege. Es sei somit möglich, dass hier in den kommenden Jahren eine Korrektur um rund zehn Milliarden Euro nach unten erfolgen werde.
Das Risiko einer Korrektur nach unten sieht das IfW grundsätzlich für die Konjunktur gegeben. „Der Aufschwung geht nunmehr in sein fünftes Jahr, und die Kapazitäten werden zunehmend stärker ausgelastet als im längerfristigen Mittel“, so Kooths. Zwar sei im Prognosezeitraum mit keiner nennenswerten geldpolitischen Reaktion in Form steigender Zinsen auf die sich herausbildende Hochkonjunktur in Deutschland zu rechnen. Aber die Aufschwungphase sei bereits jetzt außergewöhnlich lang. „Eine nach oben vom Potenzial abweichende Produktionstätigkeit muss früher oder später korrigiert werden“, so Kooths. (ph)