Die Deutsche Rohstoffagentur (DERA) in der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe hat ihre neue Rohstoffliste zu potenziell kritischen Rohstoffen und Zwischenprodukten veröffentlicht. Sie soll Unternehmen bei der Identifizierung von Beschaffungsrisiken in der Lieferkette helfen.
Die Beschaffung von zahlreichen mineralischen Rohstoffen und Zwischenprodukten, die für den Ausbau von Zukunfts- und Schlüsseltechnologien unentbehrlich sind, unterliegt weiter hohen Preis- und Lieferrisiken. Das meldet die Deutsche Rohstoffagentur (DERA) in der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), die gerade ihre Liste zu potenziell kritischen Rohstoffen und Zwischenprodukten aktualisiert hat. Als Gründe hierfür nennt die DERA neben der zum Teil ausgeprägten Marktmacht einzelner Rohstoffländer auch erhöhte politischen Risiken.
Bei vielen Rohstoffen haben sich laut DERA in den vergangenen zwei Jahren trotz gesunkener Rohstoffpreise die Beschaffungsrisiken sogar erhöht: 40 Prozent der knapp 300 untersuchten Rohstoffe und Zwischenprodukte weisen der neuen Liste zufolge hohe potenzielle Beschaffungsrisiken auf, darunter beispielsweise Hochtechnologiemetalle wie Seltene Erden, Germanium, Platinmetalle und Gallium oder auch Stahlveredler wie Niob, Vanadium und Wolfram. Insbesondere bei der Weiterverarbeitung der Rohstoffe zeigt die Neuauflage der Rohstoffliste eine deutliche Zunahme der Angebotskonzentration, beispielsweise bei der Produktion von Aluminium oder Stahl.
China baut Marktmacht aus
„Die aktuellen Ergebnisse unterstreichen einmal mehr die Dominanz Chinas als wichtigstes Bergbauland, wichtigsten Raffinadeproduzent sowie als bedeutendsten Nettoexporteur von Zwischenprodukten“, heißt es bei der DERA. Das Monitoring zeige zudem, dass China beabsichtige, weite Teile der höheren Wertschöpfung mineralischer Rohstoffe im eigenen Land aufzubauen. Insbesondere bei der Weiterverarbeitung von zahlreichen Metallen sei es China im vergangenen Jahrzehnt gelungen, weitere Marktanteile zu gewinnen – den aktuellen Produktionszahlen zufolge habe sich dieser Trend auch in den vergangenen beiden Jahren fortgesetzt. Als Beispiele nennt die DERA Gallium, Indium und Magnesium, bei denen China seinen Marktanteil kontinuierlich ausgebaut habe und zum Teil deutlich mehr als 70 Prozent des Marktes kontrolliere. Insgesamt belege das Land im Bereich der Bergwerksförderung bei fast der Hälfte aller untersuchten Rohstoffe den ersten Platz; bei der Metallproduktion nehme China sogar bei 23 von 26 untersuchten Rohstoffen die führende Position ein.
Wie die DERA weiter mitteilt, ist China jedoch nicht der einzige Staat, der eine marktbeherrschende Stellung bei mineralischen Rohstoffen einnimmt. Angebotskonzentrationen – sowohl bei der Bergwerksförderung, der Weiterverarbeitung als auch dem Handel – seien bei einer Reihe von Rohstoffen festzustellen. Beispiele sind aus Sicht der DERA die Produktion des Stahlveredlers Niob in Brasilien, die Förderung von Lithium in Australien und Chile oder der Export von Kobalterzen aus der DR Kongo.
Risiken identifizieren, Bedarf absichern
„Für den Produktions- und Technologiestandort Deutschland bergen gerade die kleinen, stark konzentrierten Rohstoffmärkte erhöhte Risiken“, so Dr. Torsten Brandenburg von der DERA: „Durch Wettbewerbsverzerrungen, Handelskonflikte, Spekulation, politische Maßnahmen oder Naturkatastrophen können potenzielle Beschaffungsrisiken schnell zu realen Preis- und Lieferproblemen werden.“ Jedes Unternehmen müsse geeignete Strategien und individuelle Lösungen entwickeln, um Beschaffungsrisiken in der Lieferkette zu identifizieren und den erforderlichen Rohstoffbezug mittel- und langfristig abzusichern. Unter anderem sollten Einkaufs-, Produktions- und Entwicklungsabteilungen der Unternehmen bei der Erfassung von betriebsinternen Rohstoffrisiken gemeinsam Ausweichstrategien erarbeiten.
Die jetzt vorgelegte Rohstoffliste ist Teil des DERA-Rohstoffmonitorings und die dritte Auflage einer im Jahr 2012 erstmalig erschienenen Reihe. Sie umfasst ein Screening der globalen Angebotskonzentration für insgesamt 34 Metalle, 27 Industrieminerale und Kokskohle, außerdem bestimmt sie für 213 Handelsprodukte anhand der weltweiten Nettoexporte die Länderkonzentration und das gewichtete Länderrisiko. Die Gruppe der Handelsprodukte umfasst Erze und Konzentrate, Raffinadeprodukte sowie Produkte der nachfolgenden höheren Wertschöpfungsstufen. Die DERA-Rohstoffliste 2016 ist auf der Internetseite der DERA als PDF abrufbar. (ph)