Quelle: Hannover Messe
Die Digitalisierung beeinflusst den Wirtschaftsstandort Deutschland in mehrfacher Hinsicht, wie aktuelle Studien zeigen: Sie führt zu höheren Investitionen und Rückverlagerungen von Produktionskapazitäten sowie zu stärkerer Nachfrage auf dem Markt für Hardware, Software und IT-Services.
Der Einsatz von Digitalisierungstechnologien wirkt sich positiv auf die Rückverlagerung von Produktionskapazitäten nach Deutschland aus und bewegt Unternehmen dazu, wieder vermehrt in der Bundesrepublik zu investieren. Das ist das Kernergebnis einer Studie der Hochschule Karlsruhe und des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung ISI im Auftrag des VDI, die jetzt auf der Hannover Messe vorgestellt wurde. In der Digitalisierung bereits fortgeschrittene Betriebe verlagern demnach zehnmal häufiger Teile ihrer Produktion wieder an den deutschen Standort zurück als Betriebe, die in der Produktion keine Digitalisierungstechnologien nutzen.
Bessere Flexibilität, höhere Produktivität
„Erstens bietet der Einsatz von Digitalisierungstechnologien eine erhöhte Flexibilität und Fähigkeit für eine individualisierte, kundenorientierte Produktion, die heutzutage immer wichtiger wird und für die Belieferung auch eine räumliche Nähe zum Kunden erfordert“, sagt dazu Steffen Kinkel, Professor an der Hochschule Karlsruhe und Autor der Studie: „Zweitens führt ihr Einsatz zu einer erhöhten Automatisierung und Produktivität des deutschen Produktionsstandorts, so dass der Lohnkostenanteil niedriger wird.“ In der Digitalisierung fortgeschrittene Unternehmen weisen laut Studie eine um 27 Prozent höhere Arbeitsproduktivität auf als Nichtnutzer. Dass digitale Technologien als Jobkiller wirken könnten, befürchtet der Auftraggeber der Studie jedoch nicht: „Unternehmen, die digitale Technologien nutzen, werden wettbewerbsfähiger, sind langfristig besser aufgestellt und sorgen mit ihren modernen Produktionsstrukturen weiterhin für Arbeit und Wertschöpfung am Standort Deutschland – so müssen wir die Zahlen interpretieren“, sagt VDI-Direktor und Wirtschaftsingenieur Ralph Appel.
Industrie-4.0-Markt wächst
Mit Blick auf die Digitalisierung prophezeit zudem Bitkom, dass der Umsatz mit Industrie-4.0-Lösungen im Jahr 2017 um 21 Prozent auf 5,9 Milliarden Euro steigen wird. Für 2018 sei im Gesamtmarkt für Industrie 4.0 ein Zuwachs von mehr als 22 Prozent auf 7,2 Milliarden Euro zu erwarten, teilte der Digitalverband auf Basis aktueller Berechnungen und Analysen des Marktforschungs- und Beratungsunternehmens Pierre Audoin Consultants (PAC) im Rahmen der Hannover Messe mit. Die stärkste Nachfragesteigerung ist demnach im Maschinen- und Anlagenbau zu verzeichnen: Die Umsätze mit Industrie-4.0-Lösungen betrugen 2016 bereits 1,2 Milliarden Euro und sollen in diesem Jahr voraussichtlich um 23 Prozent auf 1,5 Milliarden Euro zulegen. Als weiterer starker Treiber gilt laut Bitkom der Automobilbau, dessen Investitionen im Bereich Industrie 4.0 um 20 Prozent auf 1,2 Milliarden Euro steigen sollen. Nach Umsatz auf Platz drei folgt die Elektronik-Branche, die in diesem Jahr 817 Millionen Euro in Industrie-4.0-Lösungen investieren soll, 22 Prozent mehr als im Vorjahr.
Software-Lösungen besonders gefragt
Hinsichtlich der verschiedenen Industrie-4.0-Marktsegmente Software, Hardware und IT-Services profitiert der Software-Bereich Bitkom zufolge am stärksten von den Nachfrageimpulsen – also die Nachfrage nach Betriebssystemen, Tools, Anwendungen und Anbietermodellen wie Software-as-a-Service. Hier sollen die Umsätze von 787 Millionen Euro im Jahr 2015 auf 1,2 Milliarden Euro im Jahr 2017 und auf 1,5 Milliarden Euro im Jahr 2018 steigen. Im derzeit größten Segment – IT-Services wie Beratung, Systemintegration und die Entwicklung individueller Software-Lösungen – soll der Markt von von 2,4 Milliarden Euro im Jahr 2015 auf 3,6 Milliarden Euro im Jahr 2017 und 4,4 Milliarden Euro im Jahr 2018 wachsen. Der Anteil der Hardware – also Sensoren, Server, Speicher, Netzwerke und andere Geräte für die Industrie 4.0 – soll von 868 Millionen Euro im Jahr 2015 bis 2018 voraussichtlich auf 1,3 Milliarden Euro ansteigen. Insgesamt erwartet der Digitalverband, dass die Bedeutung von Industrie-4.0-Lösungen für die Wertschöpfung und die Wettbewerbsfähigkeit der herstellenden Unternehmen weiter zunimmt – und dass Unternehmen mit einer intelligent vernetzten Produktion und durchgehend digitalisierten Prozessen in den kommenden Jahren überdurchschnittlich wachsen. (ph)