Im Rahmen der VorWeihnachtlicheInitiative wurden von verschiedenen Gruppen des VWI Spenden von fast 5000€ gesammelt. Lydia Binek, die diese Aktion für das Bundesteam betreut hat, sprach mit Carolin Weißhaar vom MALAYAKA Haus & Freunde e.V der dieses Jahr als Spendenziel gewählt wurde.
Hallo Carolin, würdes du dich kurz vorstellen?
Mein Name ist Carolin Weißhaar, ich studiere Wirtschaftsingenieurwesen im 7. Semester an der Universität Kassel und engagiert sich ehrenamtlich für einen kleinen Verein von nur sieben Mitgliedern, der ein Waisenhaus in Uganda unterstützt, das Malayaka Haus.
Was macht Ihr beim MALAYAKA Haus & Freunde e.V, eurem Verein in Deutschland?
Die Hauptsächliche Arbeit in Deutschland besteht darin, Spendengelder zu sammeln, damit wir die Miete für die Häuser in Entebbe und die Schulgebühren unserer knapp 20 schulpflichtigen Kinder zahlen können. Wir sind ein kleiner Verein von nur sieben Mitgliedern, was wir bewusst gewählt haben, um den Verwaltungsaufwand gering zu halten. Unsere ganze Energie und Motivation stecken wir lieber direkt in Projekte, die unseren Waisenkindern zu gute kommen. Neben der Arbeit in Deutschland fliegen wir regelmäßig nach Uganda und versuchen vor Ort das Projekt zu unterstützen. Zum Beispiel haben wir einen Lehrer in unserem Board, der Aufgaben wie die Auswahl der Schule oder die Organisation der Hausaufgabenbetreuung in Uganda übernimmt. Dementsprechend nimmt die Kommunikation mit unseren Freunden, die dauerhaft in Uganda sind, auch einiges an Zeit in Anspruch.
Das Malayaka Haus – Wie kann ich mir dieses Projekt denn Vorstellen?
Das Projekt Malayaka Haus ist im Jahr 2005 völlig ungeplant und wie vom Schicksal bestimmt entstanden. Da befand sich Robert Fleming, ein amerikanischer Entwicklungshelfer, in Uganda. Er hat am Straßenrand eine schwangere, einsame, völlig hilflose und obendrein geistig verwirrte Frau kennen gelernt. Als die Geburt ihres Kindes kurz bevor stand, brachte Herr Fleming die Frau in das örtliche Krankenhaus. Die Mutter konnte das Neugeborene aber nicht aufnehmen, nicht ernähren und verweigerte es. Am Ende fand Robert das Baby im Papierkorb der Kliniktoilette. Nachdem die Polizei ihn um Hilfe bittet und die Vormundschaft für das Kind überträgt, nimmt Robert den Säugling namens Malayaka mit in sein Hotelzimmer. Sie ist das erste Kind von nun schnell aufeinander folgenden Notfällen, bei denen Robert aushilft. Schon bald füllt sich sein Zimmer mit Waisen in Not, die er aufnimmt und für die er die Verantwortung übernimmt. Kurzerhand entschließt er sich, alle seine Ersparnisse zusammenzunehmen und mit Hilfe seiner Familie und Freunde ein Waisenhaus aufzubauen – das Malayaka Haus.
Mittlerweile leben 38 Kinder im Alter von wenigen Monaten bis 22 Jahren bei uns im Malayaka Haus. Unsere Kinder gehen fast alle auf eine private International School. Das Schönste und Außergewöhnlichste an unserem Projekt ist in meinen Augen, dass wir den Kindern durch unserer Arbeit nicht nur eine Schulbildung ermöglichen, sondern ihnen auch verschiedene Skills beibringen, mit denen sie später einmal selber Geld verdienen können und unabhängig werden. So haben wir zum Beispiel angefangen Mozzarella eigenständig zu produzieren und diesen in den umliegenden Restaurants zu verkaufen. Zwei unserer Ältesten Mädchen haben sich auf Kunsthandwerk spezialisiert und stellen Ketten, Flip-Flops und Armbänder her, die zum Beispiel an Freiwillige oder Besucher des Hauses verkauft werden. Das größte Projekt ist jedoch die Pizza-Nacht: Hier wird das Waisenhaus an zwei Abenden in der Woche zum Restaurant umfunktioniert. Dabei werden bis zu 50 Gäste pro Abend von unseren Jugendlichen selbst bewirtet und mit Pizza, die sie in einem selbst gebauten Steinofen eigenhändig backen, kulinarisch versorgt. Auf diese Weise können wir gewährleisten, dass jeder etwas lernt, womit er ein eigenes Standbein aufbauen kann.
Wann und von wem ist der Verein in Deutschland denn gegründet worden?
Im Jahr 2013 haben wir in Kassel unseren Verein gegründet. Wir sind sieben Gründungsmitglieder, die sich über Umwege entweder in Uganda, oder nach ihrem Aufenthalt in Deutschland kennen gelernt haben. Deshalb sind unserer Mitglieder auch über die gesamte Republik verstreut: Neben Kassel sind zum Beispiel noch Vertreter aus Leipzig, Hamburg und Berlin dabei.
Wie kamst Du darauf Deinen eigenen Verein zu gründen und nicht bestehende zu unterstützen?
Ich bin ursprünglich, nach meinem Abitur, über einen anderen Verein nach Uganda geflogen und wollte dort in einer Schule mitarbeiten. Leider musste ich schnell feststellen, dass die Arbeit dort nicht so funktioniert, wie ich es erwartet hatte. Ich war ziemlich unzufrieden und habe dann beschlossen, nach eigenen Projekten zu suchen, in denen ich vor Ort mitarbeiten kann und meine Hilfe vielleicht sogar jemanden glücklich macht. Und so kam ich auf das Malayaka Haus. Nachdem ich eingezogen bin durfte ich auch gleich loslegen. Die Arbeit mit den Kids war super! Es gibt kaum einen Ort auf der Welt, wo ich so viel Lebensfreude gespürt habe, wie dort. Und das, obwohl viele der Kinder eine harte Vergangenheit hinter sich haben und oftmals aus sehr prekären Verhältnissen stammen. Und da habe ich mir gedacht: „Warum nicht selber einen Verein gründen, um das Projekt weiterhin zu unterstützen?“, denn Uganda ist für mich ein Stück weit Heimat geworden. Meine Erfahrungen aus den anderen Projekten konnte ich gut in unser Projekt integrieren. Vieles was dort schief gelaufen ist, haben wir von Anfang an versucht besser zu machen. Auch wenn es ein richtig oder falsch bei solchen Projekten in meinen Augen nicht gibt, denn das ist oft sehr subjetiv. Es gibt viele gute Projekte für Entwicklungsländer, doch ich kann für meinen Verein sagen, dass 100 % der Spendengelder unseren Waisenkindern zugute kommen. Das war allen Gründungsmitgliedern wichtig! Und deshalb haben wir den eigenen Verein gegründet.
Wie organisiert ihr Euch, um Euere Ziele zu erreichen?
Wir versuchen zum einen monatliche Spender zu gewinnen, um unser Jahresziel von aktuell 10000 Euro zu erreichen, welches wir sobald wie möglich verdoppeln möchten. Zum anderen erhoffen wir uns Spendengelder durch verschiedene Events, wie eine alljährliche Abschlusspräsentation in Leipzig, diverse Vorträge in ganz Deutschland und eine Benifizpartyreihe in Kassel. Außerdem haben wir begonnen Kalender mit Bildern unserer Kinder, die ein befreundeter Fotograf in Uganda aufgenommen hat und Postkartensets herzustellen und diese zu verkaufen. Wir versuchen also nicht nur Spendengelder zu sammeln, sondern unseren Spendern auch etwas zurück zu geben und sie an der Faszination „Malayaka Haus“ teilhaben zu lassen. Dafür schreiben wir unter anderem bei jeder unserer Reisen einen Blog auf unsere Homepage, wo wir unsere Leser mitnehmen möchten nach Entebbe.
Der MALAYAKA Haus & Freunde e.V wurde als Spenden Zweck der VorWI ausgewählt. Wie hast du davon erfahren?
Eine Freundin und Kommilitonin hat mich gefragt, ob ich aktuell ein gutes „Bildungsprojekt“ unterstütze. Als ich diese Nachricht gelesen habe, saß ich gerade in einem kleinen Cafe unter Palmen in Entebbe und habe den besten Kaffee der Welt – natürlich in Uganda angebaut -genossen. Ich habe nur geantwortet: „Na klar, ich bin sogar gerade vor Ort und kann dir mehr als eines vorschlagen, wo sich eine Unterstützung lohnt“. Dazu muss ich sagen, dass wir neben „unserem“ Waisenhaus auch begonnen haben, andere Projekte zu unterstützen. Nicht unbedingt finanziell. Wir organisieren zum Beispiel Brieffreundschaften zwischen deutschen Schulen und zwei Grundschulen in Entebbe, die wir bei jeder unserer Reise mit Nachschub an Briefen, kleinen Geschenken und Gummibärchen beliefern. Außerdem haben wir im September 2014 ein weiteres Haus angemietet, auf dem Grundstück des Malayaka Hauses. In diesem möchten wir eine Bibliothek mit Leseecke, Computerraum und Arbeitsplätzen zum Erledigen der Hausaufgaben installieren. Solche zusätzlichen Projekte können wir leider nicht durch die Gelder unseres Vereins umsetzen, da diese schon für Schulgebühren und Miete vorgesehen sind. Deshalb war es eine riesen Freude, als ich ein paar Tage später eure Antwort bekommen habe: „Wir nehmen das Bibliotheksprojekt“. Ich bin direkt zum Leiter des Malayaka Hauses gegangen und habe gesagt: „Ab Januar kann’s hier rund gehen, da bekommen wir Sponsorengelder für unsere Bibliothek! Dann können wir endlich angefangen neue Möbel zu bauen!“ Alle haben sich super gefreut! Vielen Dank schon mal dafür!
Wofür wird das Geld also genau verwendet werden?
Die Spende wird für die Renovierung und Einrichtung der Bibliothek, wie wir dieses Haus nennen, verwendet werden. Wir werden das Geld also beispielsweise für die Materialien der neuen Möbel verwenden, neue Wandfarbe, für das Begleichen der Miete für ein Jahr und wenn danach noch etwas übrig bleibt, dann können wir vielleicht noch zwei Computer anschaffen, an denen die Kinder Grundlagen in Word und Excel vermittelt bekommen sollen.
Was hältst du von der Initiative des VWI?
Ich finde die Initiative super! Ich selbst war beim Glühwein trinken dabei und alle haben Spaß gehabt. Dass man so einen Abend damit verbinden kann, ein gemeinnütziges Projekt zu unterstützen, ist einfach perfekt! Ich würde zum Beispiel nie zu meinen studierenden Freunden gehen und fragen, ob sie 10 Euro pro Monat spenden möchten. Aber ich frage sie gerne, ob sie zu einer Party kommen, deren Einnahmen gespendet werden, oder mit mir einen Glühwein trinken zu gehen und das Pfandgeld zu spenden. Dass manche Hochschulgruppen, wie zum Beispiel Kassel, gesagt haben, dass sie das „Pfandgeld“ am Ende noch verdoppeln, ist natürlich das i-Tüpfelchen und zeugt davon, dass neben der Erfüllung der eigenen Vereinszwecke auch über den persönlichen Tellerrand geschaut wird!
Wie kann man euch weiter unterstützen?
Wir sind natürlich immer angewiesen auf Monatsspender, denn durch diese können wir unser „Spendenziel“ sicher stellen, weil es ganz einfach kalkulierbare Einnahmen sind. Weiterhin freuen wir uns immer über die Information zu verschiedenen Aktionen, bei denen man Spendengelder sammeln kann, wie die Vor-Weihnachtliche Initiative. Auch reisen wir gerne durch Deutschland, um Präsentationen zu halten und über unsere Arbeit und das Leben im Malayaka Haus in Uganda zu informieren. Weitere Infos zu unserem Verein könnt ihr nachlesen auf malayaka-haus.de oder schreibt mir einfach eine Mail: carolin.weisshaar@gmx.de
Du bist auch VWI Mitglied, warum?
Ich war lange Zeit kein Mitglied im VWI, weil ich durch die Arbeit in meinem eigenen Verein nicht so viel Zeit habe, um aktiv im VWI mitarbeiten zu können. Für mich persönlich macht es wenig Sinn, einem Verein beizutreten, ohne an dessen Angeboten teilnehmen zu können bzw. nicht mitzuorganisieren. Allerdings durfte ich auf der 10-jährigen Jubiläumsfeier der HG-Kassel einen Vortrag auf dem Galadinner über meinen Verein und das Waisenhaus halten. Das hat mir zum einen super viel Spaß bereitet und zum anderen aber auch gezeigt, dass sich der VWI für die Arbeit der Wirtschaftsingenieursstudenten auch außerhalb der Uni interessiert und auch über eine Zusammenarbeit nicht abgeneigt ist. So habe ich mit Hilfe des VWI’s in Kassel bereits zwei Benefizpartys veranstalten können, an denen auch einige Wirtschaftsingenieure für einen guten Zweck das Tanzbein geschwungen haben. Nun kam noch die Vorweihnachtliche Initiative dazu, was mich davon überzeugt hat, dass ich den Verein auch durch eine einfache, teils passive Mitgliedschaft, unterstützen kann!
Was hast du in Zukunft vor?
Mein Plan reicht erstmal nur bis Ende 2015. Da stehen auf der Tagesordnung neben dem täglichen Geschäft von Uni und Vereinsarbeit, das Fertigstellen der Bachelorarbeit, ein Auslandspraktikum im Sommer und der Start einer „Masterkarriere“, voraussichtlich in der Universität Kassel. Und dann ist auch schon die Weihnachtszeit und ich freue mich auf den heißen Glühwein, den ich bei dem subtropischen Regenwetter in Deutschland genießen kann. Und wenn alles klappt, verbringe ich Weihnachten 2016 nicht unter dem Tannenbaum, sondern unter Palmen in Entebbe – im Malayaka Haus. Vielleicht nehme ich ein paar Christbaumkugeln mit und schicke euch ein Foto!