ninaperlberg Keine Kommentare

Mit #VWIssenschaft beleuchten wir regelmäßig wissenschaftliche Arbeiten aus dem Wirtschaftsingenieurwesen – von Bachelor- und Masterarbeiten bis hin zu Dissertationen. Dabei geben wir Einblicke in aktuelle Forschungsfragen, interdisziplinäre Ansätze und praxisnahe Lösungsmodelle, die unsere Mitglieder entwickelt haben. Dieses Mal werfen wir einen Blick auf eine Dissertation, die einen wichtigen Beitrag zur digitalen und industriellen Transformation im Bauwesen leistet.

Dr. Hendrik Jonitz (der Universität der Bundeswehr München): „Entwicklung einer Methodik zur systematischen Bewertung der Wertschöpfung in der Bauausführung“

Die Baubranche steht aktuell vor zahlreichen Herausforderungen. Volatile Preise, Fachkräftemangel und knappe Materialien erfordern ein Umdenken in Richtung Effizienz und Prozesssicherheit. Besonders gefragt sind Konzepte, die die Digitalisierung und Industrialisierung auf die Baustelle bringen. Genau hier setzt die Dissertation von Dr. Hendrik Jonitz an.

Ziel seiner Arbeit war es, ein strukturiertes Bewertungsverfahren für die tatsächliche Wertschöpfung in Baustellenprozessen zu entwickeln. Denn während im industriellen Kontext längst datenbasierte Effizienzanalysen gang und gäbe sind, fehlen solche Methoden im Baustellenalltag bisher häufig. Die Dissertation schließt hier eine wichtige Lücke.

Wie misst man Wertschöpfung auf der Baustelle?
Dr. Jonitz entwickelte eine Methodik, mit der sich Bauprozesse objektiv und standardisiert bewerten lassen – nicht anhand von subjektiven Einschätzungen, sondern mit echten Bewegungs- und Nutzungsdaten. Dazu kombinierte er zwei Datenquellen:
• Positionsdaten per Bluetooth Low Energy (BLE)
• Betriebsdaten von Baustellenkranen

Diese Datengrundlage bildet die Basis für einen neu entwickelten vektorbasierten Prozessindikator, der transparent visualisiert, wie viel Wert jede Aktivität auf der Baustelle im Kontext des Gesamtprozesses beiträgt. So wird es möglich, Wertschöpfung quantitativ messbar zu machen – mit einem Score von 0 bis 100.

Vom Konzept zur Anwendung: Feldversuche auf der Baustelle
Im Rahmen von Feldversuchen wurde die Methodik auf realen Baustellen erprobt. Über eine Million Datensätze aus rund 60 Montageprozessen von Fertigteilstützen wurden erhoben und ausgewertet. Zusätzlich wurde ein vergleichbarer Prozess in einem Fertigteilwerk analysiert, um die Anwendbarkeit auch im industriellen Umfeld zu überprüfen.

Die Ergebnisse zeigen klar: Die Kombination aus BLE-Tracking und Krandaten ist ein äußerst leistungsfähiges Instrument zur Identifikation von Prozessineffizienzen, zur Visualisierung von Abläufen und zur Ableitung konkreter Optimierungsmaßnahmen. Ein bislang kaum genutzter Datenschatz, denn Krandaten wurden bisher meist nur zur Unfallnachverfolgung archiviert, nicht jedoch zur Prozessanalyse.

Besonders spannend ist, dass sich die entwickelte Methodik nicht nur auf einzelne Prozesse anwenden lässt, sondern auch projekt- und unternehmensübergreifende Vergleiche ermöglicht. Durch standardisierte Kennzahlen können Unternehmen in der Baubranche künftig fundierte Entscheidungen treffen und gezielt in die Verbesserung von Abläufen investieren.

Die Dissertation leistet damit einen wertvollen Beitrag zur Entwicklung datenbasierter Methoden in einer Branche, die bislang noch stark analog geprägt ist. Die transparente Darstellung der Wertschöpfung kann helfen, Durchlaufzeiten zu verkürzen, Verschwendung zu reduzieren und Ressourcen effizienter einzusetzen.

Fazit
Diese Arbeit zeigt eindrucksvoll, wie sich klassische Herausforderungen der Baupraxis mit innovativen Methoden aus der Wirtschaftsingenieurwissenschaft adressieren lassen. Für Studierende und Forschende bietet sie ein starkes Beispiel für die Verbindung technischer Analyse, betriebswirtschaftlicher Fragestellungen und praktischer Anwendung. Digitalisierung auf der Baustelle? Mit solchen Ansätzen wird sie Realität.

Wenn du selbst eine Abschlussarbeit oder Promotion veröffentlicht hast und sie über VWIssenschaft vorstellen möchtest, melde dich gerne bei uns unter: presse@vwi.org

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