Imke Langhorst

Beitragsbild: Airbus

VWI Redaktion Keine Kommentare

Imke Langhorst ist Vice President Head of Cargo & Cabin Systems bei Airbus Commercial in Bremen. Sie arbeitet schon seit mehr als 20 Jahren für den Luft- und Raumfahrtkonzern und hatte bereits mehrere Führungspositionen an verschiedenen Standorten in Deutschland inne. Zuvor hat sie von 1993 bis 1999 an der Technischen Universität Hamburg-Harburg Wirtschaftsingenieurwesen studiert. Seitdem ist sie auch Mitglied im Wi-ING aktiv. Der gemeinnützige Verein fördert die Interessen der Studierenden des hochschulübergreifenden Studiengangs Wirtschaftsingenieurwesen Hamburg.

Frau Langhorst, warum haben Sie Wirtschaftsingenieurwesen studiert?
Ich habe meinen beruflichen Weg vor mehr als 30 Jahren mit einer Ausbildung zur Industriekauffrau begonnen. Während der drei Jahre in der Chemieindustrie lernten wir Auszubildende alle paar Wochen neue Abteilungen kennen – von der Buchhaltung über die Logistik bis hin zu Fertigung und Engineering. Ich fand das super spannend und habe insbesondere in den technischen Abteilungen gemerkt, dass ich mir mit meiner kaufmännischen Ausbildung nur die erste Hälfte von meinem Traumberuf erfüllen kann. Probleme analysieren, den Produktfluss verbessern, in der Fertigung mitarbeiten und neue Produkte entwerfen und zur Reife bringen wollte ich zusätzlich in meinen Alltag integrieren. Diese zweite Hälfte meines Traumberufs, die Technik, habe ich dann durch das Studium des Hochschulübergreifenden Wirtschaftsingenieurwesens in Hamburg ergänzt. Meinen kaufmännischen Abschluss konnte ich praktischerweise parallel dazu nutzen, mein eigenes Business zu gründen und damit mein Studium selbst zu finanzieren.

Welche Skills, die Sie im Studium erlernt haben, waren für Ihren Werdegang besonders wichtig?
Im Studium sind wir nicht nur zwischen den unterschiedlichen Hochschulformen von Fachhochschule über Uni bis zur Technischen Universität gewandert, sondern damit verbunden waren auch unterschiedliche Kulturen, Lernarten und Themenfelder, die es zu betrachten und letztlich auch zusammenzubringen galt. Man könnte sagen, ich habe gelernt, wie effektiv und effizient aber auch spannend und gut es ist, unterschiedliche Themen zu kombinieren und daraus die nächsten Schritte abzuleiten. Ich wurde zum breit interessierten Generalisten ausgebildet, habe das Netzwerken entdeckt. Gleichzeitig habe ich gelernt, dass man nie alles selber beantworten kann, aber wissen muss, wie man Experten und Wissende zusammenbringt, um bei der Beantwortung zu helfen. Lust auf kontinuierliches Lernen, Zuhören und Vernetzen sorgt für einen spannenden und vielseitigen Werdegang.

Sind aus Ihrer Sicht Absolventen und Professionals, die interdisziplinär denken und handeln können, momentan besonders gefragt?
Davon bin ich überzeugt. Neben Experten benötigen wir insbesondere auch Mitarbeiter, die diese Expertisenfelder, Kulturen und Charaktere zusammenbringen. Die verstehen, dass in Unternehmen Innovation nicht nur von innen, sondern insbesondere von außen kommt. Das heißt auch, dass man die neuesten Technologien nicht alle selbst entwickelt haben muss, um sie nutzen sowie gut und schnell in die eigenen Produkte und Arbeitsweisen integrieren zu können.
Ein Beispiel aus dem Flugzeugbau: Für die Kabine unserer Flugzeuge arbeiten wir sehr eng mit vielen unterschiedlichen Lieferanten weltweit zusammen. Sehr viele der Produktentwicklungsaktivitäten für eine kundenspezifische Kabine werden durch hunderte Lieferanten erbracht, die koordiniert, deren Designlösungen und deren Integration zertifiziert und letztlich auch fehlerfrei eingebaut werden müssen. Interdisziplinäre Zusammenarbeit und Kompetenz ist hier der Schlüssel zum Erfolg. Nur die enge Zusammenarbeit mit Instituten, Partnern, neuen Industrien, Start-ups und anderen bringt uns schnell und effizient genug zu neuen Produkten und Services. So können branchen- und technologieübergreifend in einer exponentiell anwachsenden Geschwindigkeit die Lösungen für technische Herausforderungen unserer Zukunft entstehen.

Stichwort interdisziplinäre Herangehensweise: Welches Thema beschäftigt Sie gerade besonders und warum?
Für unsere zukünftigen Flugzeugmodelle untersuchen wir zur Zeit viele Konzepte basierend auf der Wasserstoff-Technologie. Eine Technologie, mit der unsere Kollegen aus der Raumfahrt schon seit vier Jahrzehnten arbeiten, die allerdings für den kommerziellen Flugzeugbetrieb nicht nur hohe Herausforderungen an uns als Flugzeughersteller stellt, sondern insbesondere an viele anderen Industriezweige und Infrastrukturbereiche. Es muss weltweit sichergestellt werden, dass die Produktion von grünem Wasserstoff ausgebaut wird, es müssen Lösungen für den Transport und die Lagerung von Wasserstoff geschaffen werden, die Airports müssen Konzepte für den Groundsupport entwickeln, etc. – all das benötigt internationale und interdisziplinäre Zusammenarbeit. Da Wasserstoff auch in anderen Industrien wie Stahl, Automotive, etc. eine wichtige Rolle einnehmen wird, ist dieses Thema somit in multiplen Achsen interdisziplinär zu betrachten und voranzutreiben.

Von welcher technischen und/oder gesellschaftlichen Entwicklung erwarten Sie in den kommenden fünf bis zehn Jahren ein die Zukunft besonders prägendes Potenzial?
Ich denke neben der Wasserstofftechnologie wird auch das Thema Artificial Intelligence, deren Einsatzgebiete, Fragen zur Compliance und Ethik, uns beschäftigen. Hier gilt es ebenfalls industrie- und gesellschaftsübergreifende Lösungen zu entwickeln.

 

In den Sommerinterviews befragt der VWI in loser Folge Wirtschaftsingenieure und Wirtschaftsingenieurinnen, die wichtige Positionen in Industrie und Lehre innehaben, zu ihrem Blick auf das Berufsbild.

 

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert