vom Fadenwurm zur künstlichen Intelligenz

Beitragsbild: TU Wien

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Der Fadenwurm Caenorhabditis elegans ist ein einfaches, aber besonders gut erforschtes Lebewesen. Seine Nervenbahnen nahmen sich jetzt Forscher der TU Wien zum Vorbild, um künstliche Intelligenz zu programmieren. Das Gehirn wurde am Computer simuliert, das Modell dann mit speziell entwickelten Lernalgorithmen angepasst. So gelang es, mit einer extrem niedrigen Zahl simulierter Nervenzellen bemerkenswerte Aufgaben zu lösen. Beispielsweise konnten die Forscher das vom Fadenwurm inspirierte Netzwerk – obwohl es nur über zwölf Neuronen verfügt – darauf trainieren, ein Auto an einen vorherbestimmten Ort zu manövrieren.

Den Forschern zufolge funktioniert ein natürlich gewachsenes Gehirn ganz anders als ein gewöhnliches Computerprogramm. Es bestehe nicht aus Befehlen mit klaren logischen Anweisungen, sondern aus einem Netz von Zellen, die miteinander kommunizieren. Man könne solche Netze heute aber am Computer nachbilden, um Probleme zu lösen, die sich nur schwer in logische Befehle zerlegen lassen. Mathematisch lasse sich zeigen, dass diese neuartigen neuronalen Netze extrem vielseitig sind. Außerdem lasse sich ihr Verhalten gut untersuchen und verstehen – im Gegensatz zu bisherigen neuronalen Netzen, die man oft als nützliche aber undurchschaubare ‘Black Box’ betrachte.

Bei den meisten neuronalen Netzen werde zu einem bestimmten Zeitpunkt der gesamte Input geliefert, so die Forscher, und daraus ergebe sich sofort ein bestimmter Output. In der Natur sei das aber ganz anders, unter anderen da der Faktor Zeit eine Rolle spiele. Bei Aufgaben wie Spracherkennung, Simultanübersetzungen oder Bewegungsabläufe, die auf eine wechselnde Umwelt reagieren, seien sogenannte Recurrent Neural Networks (RNN) ratsam. Diese Architektur bilde Zeitabläufe besser ab, weil sie dafür sorgen, dass sich die Nervenzellen merken, was bisher passiert ist. Das Team entwickelte daher eine neuartige RNN-Architektur, die auf biophysikalischen Modellen von Neuronen und Synapsen beruht und zeitabhängige Dynamik erlaubt.

Vom Fadenwurm zur künstlichen Intelligenz

Um die Vielseitigkeit des neuen Typs neuronaler Netze zu demonstrieren, entwickelten und trainierten die Forscher ein spezielles kleines Neuro-Netzwerk. Sie bildeten das Nervensystem nach, das der Fadenwurm verwendet, um einen ganz einfachen Reflex zu realisieren – nämlich das Rückzugsverhalten bei einer Berührung. In einem nächsten Schritt stimulierten und trainierten sie das neuronale Netz, um reale Aufgaben zu lösen – und schließlich reichten zwölf Neuronen aus, um ein Fahrzeug in eine Parklücke zu manövrieren. Zugleich konnten die Forscher beobachten, welche Nervenzellen welche Effekte hervorrufen.

Ihr Experiment bedeute freilich nicht, dass Autos in Zukunft von künstlichen Würmern eingeparkt werden, so die Forscher. Aber es zeige, dass künstliche Intelligenz mit der richtigen Architektur deutlich leistungsfähiger sein könne als bisher gedacht.

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